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Türkei-Wahlen
Kommentar: Oppositionsbündnis gegen Erdogan unterlegen

Yücel: "Noch immer eiert das neue oppositionelle Bündnis in der Türkei, das aus der CHP, der DEVA-, der Demokratischen, der Gelecek-, der IYI- und der Saadet-Partei besteht, um ihren einzigen Wahlkandidaten, der 2023 gegen Erdogan antreten soll."

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, 2021. (Foto: tccb)
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Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel

Noch immer eiert das neue oppositionelle Bündnis in der Türkei, das aus der CHP, der DEVA-, der Demokratischen, der Gelecek-, der IYI- und der Saadet-Partei besteht, um ihren einzigen Wahlkandidaten, der 2023 gegen Erdogan antreten soll.

75 cm hoch, hat 4 Beine; der Sechser Tisch (Altılı Masa), der sich aus 6 oppositionellen türkischen Parteien zusammensetzt. Aber noch immer hat sich noch keiner am Tisch erhoben, um den bevorstehenden Wahlkampf gegen Erdogan aufzunehmen. Bitter, nicht wahr?

Dabei erwartet das Volk gerade in diesen stürmischen Zeiten eine Führungskraft, eine Vision, Sicherheit und Erhalt des Wohlstands. Die Inflation galoppiert dahin. Die Geldentwertung nimmt kein Ende. Viele leben von heute auf morgen, spannen alle Familienmitglieder ein, um halbwegs über die Runden zu kommen. Das einzige, was ihnen derzeit noch ein Lächeln entlockt, sind die vierteljährlich vom Staatspräsidenten angekündigten Gehalts-, Sold-, Renten- oder Mindestlohnanpassungen, die ihren Warenkorb wieder einigermaßen auffüllen, während zeitnah Steuersenkungen und Subventionen auf Lebensmittel und Energien indirekt zugute kommen.

Gerade die Erwartungshaltung innerhalb der Bevölkerung, dass ein Mann oder Frau die Sorgen und Nöte eines einfachen Bürgers wahrnimmt und in regelmäßigen Abständen zu lindern versucht, befriedigt viele und lässt auf bessere Zeiten hoffen.

Ob das nun illusorisch ist oder den Staat Unmengen an Geld kostet, dass interessiert die meisten gerade in solchen Zeiten nicht. Wie gesagt leben viele von heute auf morgen und solange dieses Volk weiß, dass der Vater Staat wieder einmal eine Anpassung vornehmen wird, solange wird man bis zur nächsten Anpassung auch jede Entbehrung auf sich nehmen.

Was diese Parteivorsitzenden am 75 cm hohen Tisch mit 4 Beinen jedoch nicht wahrnehmen wollen ist, dass dieser Auftritt eines Mega-Bündnisses, ohne einen spezifizierten Führungskopf, ohne Personenkult, ohne konkrete Kandidaten, gegen einen Erdogan von vornherein unterlegen ist.

Was könnte denn den einfachen Bürger dazu bewegen, ein Bündnis bestehend aus 6 Parteien zu wählen, wenn doch gerade jetzt, während all der Krisen ein Mann an der Spitze steht, der zumindest versucht, die Not zu lindern, die Sorgen zu teilen?

Das Volk interessiert sich schlichtweg nicht dafür, was der Staat für die Existenzsicherung der Bürger und Bürgerrinnen ausgibt, ob es sich hoch verschuldet oder Banknoten dafür drucken muss. Es interessiert sich auch nicht dafür, in welche Skandalen die AKP mutmaßlich verwickelt sein soll oder ob dem OB von Istanbul vom Innenministerium angeblich ein Maulkorb verpasst wurde, damit er sich nicht mit westlichen Spitzendiplomaten trifft.

Stattdessen muss sich der einfache Bürger und Bürgerin ansehen, wie sich einer wie der andere am „Altılı Masa“ immer noch von der Verantwortung stiehlt und um den heißen Brei redet. Oder sich von 6 Parteivorsitzenden anhören, wie schlimm es doch um ihr Land bestellt sei, ohne dabei konkrete Gegenmaßnahmen oder Lösungen anzubieten.

Das einzige, was Erdogan derzeit machen muss, um die kommende Wahl zu gewinnen ist, die Anpassung an die galoppierende Inflation und Geldentwertung in wohlkalkulierter Weise fortzusetzen. Das kostet zwar der Notenbank noch den letzten Nerv, die dafür Unmengen von türkische Liras drucken muss, aber das Volk kann wenigstens auf das zählen: Kontinuität, um etwas auf den Tisch zu bekomme.

Die einzige Kontinuität, die 75 cm und 4 Beine zu bieten hat, heißt Tisch. Davon wird das Volk aber nicht satt!


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar


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