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Wie Chinas Militär das Wissen deutscher Forscher nutzt

Eine internationale Recherche zeigt, dass Hochschulen in ganz Europa aktiv mit chinesischen Militäreinrichtungen zusammenarbeiten.

(Foto: pixa)
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Eine internationale Recherche unter der Leitung von CORRECTIV und Follow the Money zeigt, dass Hochschulen in ganz Europa aktiv mit chinesischen Militäreinrichtungen zusammenarbeiten. Die chinesische Führung nutzt das Wissen aus der gemeinsamen Forschung für die strategische Aufrüstung des Militärs. Auch deutsche Universitäten beteiligen sich aktiv an solchen Kooperationen.

Das chinesische Militär kooperiert in erheblichem Umfang mit europäischen Wissenschaftlern, um die Armee mit deren Wissen auszubauen. Diesen Schluss legt eine gemeinsame Recherche des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV mit der niederländischen Investigativ-Plattform Follow the Money und neun weiteren europäischen Medien nahe, darunter die Süddeutsche ZeitungDeutsche Welle und Deutschlandfunk. Dass zivile Forschung offenbar auch für das Militär verwendet wird, ignorieren die Forschenden und Hochschulen hierzulande teils bewusst.

30 Journalistinnen und Journalisten werteten mehr als 350.000 wissenschaftliche Studien aus den Jahren 2000 bis 2022 aus. In rund 3.000 Fällen arbeiteten die Forschenden mit chinesischen Kollegen und Kolleginnen von militärischen Hochschulen zusammen. Dabei entdeckte das Rechercheteam mindestens 349 wissenschaftliche Veröffentlichungen mit deutscher Beteiligung. Und mindestens 48 deutsche Hochschulen kooperieren mit akademischen Institutionen in China, bei denen es ein hohes Risiko der Nähe zum Militär gibt.

Xi Jinping nutzt Forschung aus dem Ausland, um Chinas Macht zu stärken

Eine dieser Einrichtungen ist die National University of Defence Technology (NUDT), eine militärische Spitzenuniversität in China. Sowohl Wissenschaftler der Universität Bonn als auch der Universität Stuttgart sowie der Fraunhofer-Gesellschaft haben mit Forschenden der NUDT wissenschaftliche Papiere mit möglichem doppeltem Nutzen, sogenanntem „Dual-Use“, veröffentlicht.

Das bedeutet, dass die Forschungsergebnisse für zivile Zwecke, aber auch für militärische Zwecke verwendet werden können. Zum Beispiel, um Personen zu verfolgen oder die Roboternavigation zu verbessern. Die politische Führung Chinas verfolgt seit Jahren das Ziel, auch mittels ziviler Forschung erlangtes Wissen und Technologie für den Rüstungssektor zu nutzen.

Deutsche Forschende gehen freimütig in solche Kooperationen, oft gelockt von Prestige, Geld, besseren Karrierechancen. Dass sie damit zumindest indirekt auch die chinesische Armee mit Wissen ausstatten, nehmen sie offensichtlich in Kauf. Expertinnen und Experten sehen in der westlichen akademischen Offenheit und Transparenz ein Einfallstor, um Wissen abzuziehen und für militärische Zwecke einzusetzen. Die China-Expertin Mareike Ohlberg vom German Marshall Fund hat dazu eine klare Meinung: Kooperationen mit Einrichtungen, die direkt dem Militär unterstehen, sollten kategorisch ausgeschlossen werden.

Der Universität Bonn waren die Verbindungen des chinesischen Forschers zur NUDT grundsätzlich bekannt – einen möglichen „Dual-Use“-Fall sieht sie auf Anfrage in seiner Arbeit allerdings nicht. So auch die Universität Stuttgart: Ein Sprecher schließt dem Rechercheteam gegenüber aus, dass es sich um einen „Dual-Use“-Fall handele, die NUDT sei darüber hinaus nicht „direkt“ an der Arbeit beteiligt gewesen. Das Fraunhofer Institut äußerte sich auf Anfrage nicht zu der konkreten Arbeit.

Verbindliche Regeln fehlen – Bundesregierung schiebt die Verantwortung auf Hochschulen

Auf das Thema angesprochen, argumentiert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dass die Hochschulen unabhängige Einrichtungen seien und sich die Bundesregierung auf „die Sensibilisierung“ der Hochschullandschaft beschränke.

„Wir beobachten mit großer Sorge, wie auf chinesischer Seite Themen wie Einschränkung der Forschungsfreiheit sich entwickeln oder auch gerade die Verwendung für militärische Zwecke“, sagt Staatssekretär Jens Brandenburg (BMBF) im Interview. Die drei Regierungsparteien bezeichnen China in der Koalitionsvereinbarung als „Systemrivalen“.

Angesichts der Recherche-Ergebnisse ist fraglich, ob die Sensibilisierung ausreicht. Sowohl befragte Expertinnen als auch der Grünen-Politiker Kai Gehring, Vorsitzender des Forschungsausschuss im Bundestag, fordern klare rote Linien bei Forschungskooperationen mit chinesischen Militäreinrichtungen. „Das halte ich für ethisch nicht vertretbar“, sagt Gehring.

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