Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel
Anfang Februar erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) noch, Deutschland sei in Zusammenhang mit der Ukraine-Krise „bereit, einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen“. Von der einstigen „klaren Ansage“ ist nicht mehr viel übrig. Stattdessen fließt weiterhin russisches Gas, mit der ein Krieg finanziert wird. Man kann sich nur noch fremdschämen.
Denn, seit drei Tagen hat die Europäische Union in Zusammenspiel mit der Bundesregierung lediglich durchsetzen können, dass die russische Armee ohne ihren Musikkorps auskommen muss – man hat ja Russland vom Eurovision Song Contest ausgeschlossen.
Ferner hatte man sich doch darauf geeinigt – eigentlich waren ja die Sanktion-Pakete bereits unter Dach und Fach, so die Aussagen der europäischen Regierungsvertreter – Russland vom internationalen Zahlungsverkehr SWIFT auszuschließen. Aber ausgerechnet die Bundesregierung und Viktor Orbán sind die Bremsklötze in den harten Sanktionsmaßnahmen.
Wenigstens hat die deutsche Bundesregierung die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 verweigert, während durch die Nord-Stream-1-Pipeline noch munter russisches Gas strömt – womöglich sogar mehr als vor der Ukraine-Krise.
Aber man verkündet voller Stolz, die Habseligkeiten eines Putin oder Lawrow im Ausland einkassiert zu haben, ohne dabei zu erwähnen, dass diese Burschen ihr Vermögen doch vorher schon in Sicherheit gebracht haben könnten – wenn sie denn überhaupt etwas im Westen geparkt haben. Zudem gibt es noch europäische Länder, bei denen solche Maßnahmen verpuffen, z.B. in Südzypern oder Malta, wo man Schwarzkonten unterhalten, mit Waffenschiebern und Händlern Kaffee schlürft, europäische Pässe hinterher geschmissen bekommt. Überdies gibt es noch das unbeugsame, unabhängige Ländle namens Schweiz. Das Land ist eine wichtige Anlaufstelle für Banken, Investoren und Superreiche aus Russland. Auch jetzt, im Krieg, will die Schweiz die EU-Sanktionen nicht komplett umsetzen.
Auch sonst ist nicht alles perfekt gelaufen, was man dem ukrainischen Volk noch versprochen hat. Da wären u.a. 5.000 Helme, die die Bundesregierung der Ukraine zugesichert hatte. Noch sind diese Made in Germany Kevlar-Helme nicht vor Ort. Womöglich hat man sich im Kanzleramt noch gedacht, 5.000 Pflaster mit in die Lieferung hineinzupacken und deshalb die Lieferung verzögert – wenn denn die Bundesregierung noch einen deutschen Hersteller findet, der dieser Bitte überhaupt entgegenkommt.
Neben vereinzelten deutschen Unternehmen findet auch der ukrainische Präsident Selenskyj deutliche Worte. Allein das zeigt, welche Erwartungshaltung der Präsident und das Volk von den USA sowie Europa hatten und was daraus wurde.
Wohl deshalb müssen sich die Ukrainer vorerst nur mit Solidaritätsgesten begnügen, weil der Westen nicht imstande und willens ist, klare Kante zu zeigen. Europäische Hauptstädte leuchten ihre Wahrzeichen derzeit blau-gelb an, um den Ukrainern beizustehen, während russische Truppen Kiev umzingeln. Man erhofft sich wohl davon, die russischen Truppen beim Vormarsch zu blenden und das eigene Gewissen beruhigen zu können. Deshalb nahm Selenskyj auch die von den USA angebotene „Mitfahrgelegenheit“ gen Westen nicht an, schickte aber Fotos von ukrainische Soldaten, die sich auf Zufahrtsstraßen von Kiev am Boden liegend abfotografieren ließen, damit der Westen zumindest begreift, dass man bis zum Äußersten entschlossen ist.
Geradezu erschreckend doof ist aber die europäische Medienlandschaft, die die Erwartungshaltung ihrer europäischen Führer in Wort und Schrift wiedergibt, um die Türkei für ihr Scheitern in der Ukraine-Krise in Regress zu nehmen. Man pocht doch tatsächlich darauf, dass die Türken den Bosporus für die russische Flotte sperren. Offenbar befürchtet der Westen, dass die russische Marine über den Bosporus ins Mittelmeer, dann über die Nordsee in den Rhein, dann über die Donau-Zuflüsse Iller, Lech, Isar, Inn in das Schwarze Meer stoßen und die Ukraine über See angreifen. Dafür soll stattdessen die Türkei die Zeche zahlen.
Nur zum Verständnis: Die russische Schwarzmeer-Flotte ist im Schwarzen Meer stationiert, genauer gesagt, in der Hafenstadt Sewastopol an der Südwestspitze der Krim. Sprich, die sind schon vor der ukrainischen Küste und beschießen seit 3 Tagen u.a. Odessa.
Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar
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