Bonn – Die FDP-Sicherheitspolitikerin, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, wertet Putins Befehl, die Abschreckungstreitkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzen, als ein Zeichen dafür, dass der russische Präsident offensichtlich von der Geschlossenheit der NATO und der EU „komplett überrascht“ ist.
„Das zeigt, dass Wladimir Putin der Meinung gewesen sein muss, dass der Angriffskrieg auf die Ukraine sehr schnell geht, dass der Westen zuschaut, dass nur geredet wird, dass letztendlich nichts oder wenig passiert, wie 2014 bei der Annexion der Krim. Ich glaube, dass er komplett überrascht ist über die Geschlossenheit der NATO, 30 Staaten! Dass er überrascht ist, dass Finnland und Schweden, die bündnisneutral sind, bei der NATO mit am Tisch sitzen. Dass er komplett überrascht ist, dass die 27 EU-Staaten, auch die, von denen man annehmen könnte, sie seien Putin doch ein bisschen nahe, zusätzlich Großbritannien, dass diese ganzen Staaten zusammenstehen und sich gegen diesen Angriff, gegen diesen Versuch, die Ukraine kaputt zu machen, wehren. Ich glaube, dass er sich völlig verkalkuliert hat“, so Strack-Zimmermann im phoenix-Interview.
Auf die Frage, ob der Einsatz von Atomwaffen weiterhin undenkbar sei, sagte Strack-Zimmermann, es sei jetzt sehr wichtig, Ruhe zu bewahren. „Ich glaube, es wäre völlig falsch, die Menschen in diesem Land, in diesem Kontinent, einfach zu stressen“ mit Aussagen über einen möglichen Atomwaffeneinsatz. „Ruhe bewahren ist das Einzige. Es hat ja keinen Sinn, dass sich jetzt alle, die Amerikaner oder wir, uns bereit machen und in Hab-Acht-Stellung gehen“.
Sie hoffe, dass jetzt nach Putins Drohung allen klar sei, auch etwa der Führung in Weißrussland, dass Putin bei einem Einsatz von Atomwaffen, nicht nur die Ukraine und den Westen träfe, sondern auch die Bruderländer, die Russische Föderation, so Strack-Zimmermann. „Ich bin so optimistisch zu glauben, dass er diese Waffen nicht einsetzen wird. Aber die Situation ist wirklich ungeheuerlich und vor einer Woche noch wäre das undenkbar gewesen“.
Die Sicherheitspolitikerin nannte es „historisch“, dass sich die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP zusammen mit der Union darauf geeinigt hätten, „dass die Bundeswehr – ich sage endlich – besser ausgestattet wird“. Dazu gehöre auch, dass in Deutschland jetzt wahrgenommen werde, „dass wir wehrhaft sein müssen, dass der Bundeswehr als unserer Armee da ein ganz große Rolle als Präventiv zukommt“. Der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister hätten für Klarheit gesorgt, „dass wir jetzt Geld in die Hand nehmen“ und die Strukturen verbessern müssen, „um jetzt schnellste Anschaffungen“ tätigen zu können.
„Wir brauchen eine moderne Armee. Zehn Jahre lang ist nichts passiert.“ Das sei nach den Bildern aus Kiew, von frierenden Frauen und Kindern in U-Bahnhöfen jetzt auch denjenigen klar geworden, die in der Vergangenheit schon ein „Störgefühl“ gehabt hätten, wenn sie Bundeswehrsoldaten in Uniform in der Bahn gesehen hätten, so Strack-Zimmermann.
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