Ein Gastkommentar von Nabi Yücel
„Mut zum Handeln, gut gemacht Annegret Kramp-Karrenbauer!“, sagt die jesidisch-kurdisch-deutsche Fernsehjournalistin Düzen Tekkal, nach einem Treffen mit der deutschen Verteidigungsministerin. Was die anderen „kurdischen“ Flüsterer bislang in der deutschen Politik gestemmt haben, damit Deutschland in Nordsyrien eingreift, ist nicht bekannt. Meiner einer steht offensichtlich auf einer Blacklist, die in dieser Szene herumgereicht wird. Es gibt zwei Lager: die einen die konsequent andere Meinungen ganz einfach abschalten und die anderen, die ihre Kanäle offen halten.
Bei Prof. Dr. Burak Çopur bin ich seit einer Streitschrift unten durch; erst hat er mich in Twitter, dann auf Facebook geblockt. Beim Repräsentanten der Kurdischen Gemeinschaft in Deutschland e. V. und Mitglied im ZDF-Fernsehrat Ali Ertan Toprak bin ich bereits seit längeren geblockt. Ismail Küpeli, selbsternannter Politikwissenschaftler und Historiker, hat mich ebenfalls „entfreundet“. Die Staatssekretärin des Landes Nordrhein-Westfalen, Serap Güler kann mit meiner Meinung offenbar gar nicht umgehen.
Es sind nur die Namen die mir gerade einfallen. Es sind viel mehr, die offenbar eine Blacklist durchreichen und jeden der die Thesen, Meinungen oder Vorwürfe nicht teilt, konsequent auszublenden versuchen. Sie wollen sich erst gar nicht dem Diskurs stellen, kritische Fragen gefallen lassen. Was sie sagen ist richtig, was andere dazu sagen ist grundsätzlich „falsch“, „faschistisch“ oder „nationalistisch“. Man ist „Erdolf-Fan“ oder einer von den „Grauen Wölfen“; es ist bereits ein Automatismus. Mittlerweile bin ich offenbar alles und jeder, nur kein Mensch. Entmenschlichung ist der Vater dieser Unart, die sich in Deutschland unter diesen Flüsterern breitgemacht hat.
Von Meinungsfreiheit oder differenzierter Sicht halten diese Damen und Herren herzlich wenig. Ihnen geht es um die Durchsetzung der eigenen Interessen. Damit die Demagogie auch in der deutschen Öffentlichkeit greift, darf niemand das beim Namen nennen. Offenbar wird deshalb diese Blacklist in dieser Zunft herumgereicht.
Ich erkläre mich mal so: ich bin ganz bestimmt kein Engel auf Erden, Dreck am Stecken hat jeder. Aber was ich gar nicht abhaben kann ist, wenn Menschen andere Menschen mit Terror belegen, um ihnen etwas aufzuoktroyieren. Das nennt man im entferntesten Sinne Terrorismus. Nichts anderes ist das Gegenteil davon. Wenn Menschen offenkundig andere Menschen aufgrund ihrer Meinung ausschließen, vom Diskurs fernhalten und damit die öffentliche politische Meinungsbildung in ihrem Sinne beeinflussen.
Ich halte einen Çopur, Toprak, Güler, Küpeli und wie sie alle heißen mögen, für Terror-Flüsterer. Es beginnt damit, dass man die andere gegenteiligen Stimmen konsequent von der politischen Teilhabe zurückdrängt. Sie sind es, die, wenn es so weit ist, die Politik für sich vereinnahmen und die politische Windrichtung vorgeben.
Viele haben längst resigniert, andere lassen sich davon nicht beeindrucken. Man muss sich aber eingestehen, dass die „kurdischen“ Flüsterer in Deutschland das Zepter in der Hand halten. Ich werde aber nicht müde, meine Meinung frei zu sagen. Worum geht es denn eigentlich?
Was diese Herrschaften fordern ist eine kurdische Autonomie, ein Staat den es derzeit nicht gibt. Nicht gibt? Doch, im Norden des Iraks, geduldet und mit freundschaftlichen Grüßen des türkischen Staates. Aber offenbar reicht es den kurdischen Nationalisten nicht. Sie wollen ein „Großkurdistan“. Wieso sollte man denn auch bei jedem Versuch der Türkei, den Terrorismus im In- wie Ausland zu beenden, auch stänkern?
Diese „kurdischen“ Flüsterer sind astreine Nationalisten, was sie betreiben ist astreiner Pankurdismus. Beispiel: Als die Polizei 1987 auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien mit Schlagstöcken gegen die serbischen Nationalisten vorging, dachte wohl niemand daran, dass dieser Nationalismus unter Slobodan Milošević zum Panserbismus führt und die Teilung Jugoslawiens, den Genozid an anderen zur Folge haben wird.
Spätestens seit der Etablierung des Selbstbestimmungsrechts der Völker auf völkerrechtlicher Ebene im 20. Jahrhundert sind Nationalismen eine hegemoniale Ideologie auf globaler Ebene. Mir kann keiner vormachen, die „kurdische Frage“ sei allenfalls nur eine Selbstbestimmungsfrage. Das hatte Milošević seinerzeit auch so in die Welt gesetzt. Übrigens, eine Ideologie, die in Europa beheimatet ist und ständig umgreift.
Die Türkei hat seit der Gründung der Republik den Republikanismus als einer der Stützen der Staatsdoktrin. Es ist einer der sechs Eckpfeiler; Populismus, Laizismus, Revolutionismus, Nationalismus und Etatismus. Nationalismus und Republikanismus sind einer der Gründe, weshalb die Türkei als solcher keine ethnisch-völkischen Kollektive als Minderheiten anerkennen kann. Das gilt im übrigen auch für manche europäischen Staaten und ihren Eckpfeilern, von der sich die türkische Republik ja reichlich bedient hat.
So hat z.B. der französische Staat die einschlägigen Kopenhagener Kriterien betreffs der Minderheitenregelungen nur unter dem Vorbehalt anerkannt, dass diese nicht auf Frankreich anzuwenden seien. Das selbe gilt auch für Spanien, weshalb derzeit die europäische Gemeinschaft bei den Katalanen lediglich als Zaungast zuschaut. Dagegen baut das deutsche Paradigma auf ethnischen, resp. völkischen Kollektiven als politischen Subjekten zwischen Staat und Individuum auf, auch wenn das Grundgesetz staatsrechtlich weit moderner ist. Die Unmittelbarkeit, die dem französischen oder türkischen Republikanismus im Verhältnis zwischen Staat und Bürger zugrunde liegt, ist für die Menschen sehr schwer nachzuvollziehen.
Deswegen haben gerade diese Flüsterer es so leicht, in der Politik und tief im bürgerlichen Milieu eine Stimme zu etablieren, während andere türkische oder deutschtürkische Meinungen unter den Tisch fallen. Deshalb greift in Deutschland auch die Propaganda der Terrororganisation PKK oder die ihres syrischen Ablegers, der YPG. So wird dann z.B. aus dem Satz „es gibt in der Türkei keine Minderheiten“, die verzerrende Aussage „die Türkei leugnet die Existenz der Kurden.“
Es gibt aber definitiv keine Leugnung der Existenz von „Kurden“ in der Türkei. Diese Minderheit wie andere Minderheiten leben mitten unter den ethnischen Türken, sind miteinander verheiratet, verschwägert, haben gemeinsame Kinder und gemeinsame Interessen. Die Mehrheit dieser kurdischen Minderheit hat mit dem Nationalismus, der aus Europa heraus befeuert wird, nichts zu tun; sie will damit auch nichts zu tun haben.
Selbstverständlich muss man das türkische Konzept der sechs Eckpfeiler hinterfragen. Man ist heutzutage übrigens auch weit kritischer, als in früheren Jahren. Der Laizismus kann in dieser Form nicht den Bedürfnissen der Gesellschaft Genüge tun, weshalb sie ständig hinterfragt und angegriffen wird. Die Kluft zwischen (ideologisch begründetem) Anspruch und (historisch determinierter) Wirklichkeit in Zusammenhang mit dem Republikanismus ist doch weit größer, als wir es wahrhaben wollen. Das gilt auch für die Verhältnisse in Frankreich; nur das dort der für Europa typische Rassismus durchschlägt.
In der Türkei ist das osmanische Erbe weit stärker, als es die orthodox-kemalistische Elite wahrhaben will; so wie das christlich-jüdische Erbe in Deutschland, die immer wieder durchschlägt. Für die Türkei, wie auch für alle anderen Nachfolgestaaten des Osmanischen Reiches, heißt dies, dass Religionszugehörigkeit als politisches identitätsstiftendes Element weit bedeutsamer ist, als wir es wahrhaben wollen.
Man erinnere sich an den türkischen Schriftsteller Ziya Gökalp. Schon Gökalp musste zur Mobilisierung der Massen im türkischen Befreiungskrieg an den Glauben der Menschen appellieren. Man denke nur an das von Erdogan seinerzeit zitierte Gedicht aus der Zeit des Befreiungskrieges, für das er ins Gefängnis musste. Und wenn wir ehrlich sind: allein unter Berufung auf einen „sterilen“ und intellektuell wohlformulierten republikanischen Bürgerbegriff wäre uns der Laden namens Türkei schon längst auseinander Geflogen.
Die große Masse der (sunnitischen) Kurden in der Türkei begreift sich nicht als Teil des türkischen Gemeinwesens, weil sie sich im staatsrechtlichen Republikanismus des türkischen Bürgerbegriffs wiederfinden, sondern weil sie den Glauben als Kitt dieser Gesellschaft begreifen – und sich somit zugleich scharf von den „gottlosen“ Bewegungen des kurdischen Nationalismus im In- wie Ausland abgrenzen.
Und das ist es, was den „kurdischen“ Flüsterern mächtig auf die Eier geht. Weshalb wohl hat die Alevitische Gemeinde in Deutschland damals unter Ali Ertan Toprak eine scharfe Linie zwischen dem alevitischen Glauben und dem Islam gezogen und weshalb wurde dieser Glaube in Deutschland anerkannt, der Islam nicht? Deshalb meiden sie die kritischen Meinungen anderer, deswegen blocken sie alles ab und deshalb sind sie dermaßen in der deutschen Öffentlichkeit präsent. Weil sie so präsent sind, können sie mit Narrativen und Perspektiven ein Bild zeichnen, die es so nicht gibt. Aber, gerade weil man so auf diesen Zugpferd des europäischen Nationalismus gesetzt hat und zeitgleich das Religiöse verteufelt, finden diese Herrschaften in der Türkei, im Iran oder in Syrien kein Gehör. Ihre Reichweite ist daher beschränkt; Gott sei Dank, sonst müsste man sich mit weiteren Konfliktherden und Genoziden beschäftigen.
Vielleicht nehmen sich die Herrschaften Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu Herzen. Der hat die Verhinderung einer Vorlesung von Bernd Lucke und einer Lesung des CDU-Politikers Thomas de Maizière kritisiert. Das offene Ohr, das beherzte Wort, die schonungslos ehrliche, aber auch respektvolle Auseinandersetzung seien Tugenden, die das Land heute dringend brauche, sagte Steinmeier laut Redemanuskript am Freitag bei einer Veranstaltung in Berlin.
Was nicht gebraucht werde, „sind aggressive Gesprächsverweigerung, Einschüchterung und Angriffe“, ergänzte er. Dies gelte für Politiker, aber auch für „umstrittene Professoren“, sagte Steinmeier. Also meine Damen und Herren Çopur, Toprak, Küpeli oder Dagdelen, immer schön fair bleiben!
Kramp-Karrenbauer sollte sich von Flüsterern aus dieser Ecke fernhalten, ist nicht gut für ihre politische Karriere. Wenn Kanzlerin Merkel sie vorher auf so einen Posten gehievt hat, wo sie die Möglichkeit hätte, sich als Kanzlerkandidatin zu beweisen, dann sollte sie auch liefern; und sie lieferte auch sehr zügig, in den letzten Monaten eine derart große Inkompetenz, dass sie sich auf dem direkten Wege für das Kanzleramt disqualifiziert hat. Ihre schwachsinnigen Äußerungen und Vorstöße tun sogar Politikern aus ihrem näheren Umfeld weh. Sie verbockt sich die Kanzlerschaft im Rekordtempo.
Wenn man sich die personellen Alternativen der Union anschaut – Merz und Spahn – stimmt mich die Demontage der Kramp-Karrenbauer dann doch sehr nachdenklich. Natürlich ist eine Politikerin nicht allwissend und Kramp-Karrenbauer ist auch nicht die erste, die Bildungslücken offenbart. Wenn eine solche Lücke allerdings eine elementare Frage des eigenen Ressorts betrifft, kann man da nicht einfach verschämt drüber hinweg sehen. Fast noch gravierender scheint mir aber der Umstand, dass die Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit eines Bundesministeriums derart dilettantisch und von Flüsterern unterlaufen ist. Warum lässt sie ihr Stab ins offene Messer laufen?
Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.
Auch interessant
– Syrienkrise –
Aramäer: „Wo war der Aufschrei, als die YPG christliche Schulen schloss?“
Der Weltverband der christlichen Aramäer (WCA) hat die mediale internationale Anteilnahme für den syrischen Zweig der Terrororganisation PKK, die YPG, verurteilt und in einer Pressemitteilung gefragt, warum die Empörung ausblieb, als vier christliche Schulen der Aramäer in Nordsyrien am 28. August des vergangenen Jahres durch die YPG geschlossen wurden.
Aramäer: „Wo war der Aufschrei, als die YPG christliche Schulen schloss?“