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Edi bese: Kurden-Clan droht der PKK

Das kurdische Jirki-Clan, einer der mächtigsten Clans in der Türkei, hat in einer öffentlichen Versammlung in Hakkari mit weiteren befreundeten Clans Rache für den Angriff auf eines ihrer Mitglieder geschworen.

(Foto: tp)
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Das kurdische Jirki-Clan, einer der mächtigsten Clans in der Türkei, hat in einer öffentlichen Versammlung in Hakkari mit weiteren befreundeten Clans Rache für den Angriff auf eines ihrer Mitglieder geschworen. Die PKK wies den Vorwurf zurück. Auch ein Bruch zwischen den Clans und der prokurdischen Partei HDP kam zur Aussprache.

Hakkari (tp/nex) – Am 7. Juni 2015 hatten die kurdischen Stammesoberhäupter der Kejan, Rişvan, Boydan, Alika, Badıkan, Kaplan, Jirki, Maladina und Raman-Clans ihre „Wahlempfehlung“ zu gunsten der prokurdischen HDP getroffen. Was die Stammesoberhäupter sagen, ist Gesetz und was sie gegenwärtig zu sagen haben, wird Folgen für die PKK, aber auch für die HDP haben.

Die AKP verlor bei der Parlamentswahl 2015 erstmals wieder wichtige Abgeordnetensitze in einigen Provinzen im Südosten. Bis dahin hatten die kurdischstämmigen Clans der amtierenden Regierung immer wieder zu Wahlsiegen im Südosten verholfen. 2015 änderten die Stammesoberhäupter, die zudem auch aktiv als Dorfbeschützer eine sehr große Rolle im Kampf gegen die PKK spielen, ihre Meinung. Vielleicht waren es die hohen Wahlversprechungen der HDP oder auch ein nötiger Tapetenwechsel nach mehr als 10 Jahren AKP-Regierungszeit.

Das hat sich jetzt wohl wieder geändert. Die Terrororganisation PKK richtet ihr Augenmerk erneut gegen die Clanmitglieder, die ihren Job als Dorfbeschützer sehr ernst nehmen – für die PKK wohl sehr ernst. Seit Wochen nehmen die Übergriffe gegen einzelne Stammesmitglieder zu und der jüngste Fall, bei der Tahir Adıyaman, ein ranghohes Mitglied des Stammes Jirki, bei einem Kreuzfeuer der PKK lediglich verletzt wurde, könnte das Faß zum überlaufen gebracht haben.


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In einer gestrigen Stammesversammlung in Hakkari im Südosten des Landes, erklärten die Stammesältesten, dass die Tat nicht ungesühnt bleiben werde und richtete die offene Drohung an die Terrororganisation PKK selbst. Tahir Adıyaman wurde am vergangenem Dienstag in der Nähe von Beytüssebap beschossen, nach dem das Stammesmitglied in Begleitung seines Sohnes und weiterer Mitglieder einer Straßensperre der PKK entgehen wollten. Tahir Adıyaman wurde dabei am Bein verletzt.

Mehmet Adıyaman, einer der Stammesältesten der Jirkis erklärte am Mittwoch vor versammelten Stammesmitgliedern und weiteren Clanoberhäuptern, man werde diese Tat sühnen. Keiner werde sich der Verantwortung entziehen können, sagte Mehmet Adıyaman. Desweiteren erklärte der Stammesälteste, dass die Kugel die Tahir Adıyaman am Bein getroffen habe, das Herz alles Jirkis getroffen habe. Das letzte Bindeglied habe damit die PKK zerstört und man werde sich davon nicht abbringen, weiterhin an der Regierungspolitik festzuhalten, sagte Mehmet Adıyaman.

Auch auf den politischen und gesellschaftlichen Arm der PKK, kam Mehmet Adıyaman zu sprechen. Adıyaman zufolge werde die Sühne auch nicht vor dem politischen wie gesellschaftlichen Arm der PKK halt machen. Damit deutete Mehmet Adıyaman auf die prokurdische Partei HDP und der BDP hin, dem die Clans 2015 noch ihre Stimmen gegeben hatten. Türkische Kolumnisten werten dies als das Ende der Ära mit der HDP. Adıyaman verurteilte in seiner Ansprache auch die PKK mit ihrer Guerilla-Taktik in den kurdischen Städten wie Yüksekova.

Sie hätte die Bevölkerung zur Flucht getrieben und sehr viele Kurden ins Elend gestürzt. In Cizre, Diyarbakir, Silopi sei die Lage brisanter, erklärte der Stammesälteste, der die zivilen Opfer der Kämpfe der PKK anlastete. Ausserdem versagte das Stammesmitglied in der Rede der PKK, der HDP und der BDP die Gastfreundschaft – ein deutlicher Aufruf an die Adressaten, sich nicht auf ihrem Gebiet blicken zu lassen. Laut Adıyaman habe man nur noch einen kurdischen Vertreter, und das sei der Kurden-Führer im Nordirak, Massud Barzani.

Die Terrororganisation PKK hat laut einer kurdischen Nachrichtenagentur die Tatbeteiligung abgestritten. Man habe mit der Tat in Zusammenhang mit Tahir Adıyaman nichts zu tun, es sei eine Provokation seitens der Regierung, teilte ein Sprecher der PKK gegenüber der Nachrichtenagentur mit.


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Allein das Jirki-Clan hat mehr als 50.000 Mitglieder, wovon nach unbestätigten Angaben über 15.000 als Dorfbeschützer für die Regierung arbeiten und Sold sowie soziale Sicherheit beziehen. 2015 hatte der Clan alle Hoffnungen auf die HDP gesetzt und ihren Kurs geändert. Es endete für die AKP im Südosten mit einem erheblichen Stimmenverlust, obwohl die Clans weiterhin die Einheit des Landes als oberste Priorität ansehen.

Unterdessen schwindet auch innerhalb der kurdischstämmigen Bevölkerung im Südosten das Vertrauen an die prokurdische Partei HDP. Die HDP versucht widerum ihre bisherige Politik der indirekten Unterstützung von „zivilen Aufständen“ in bestimmten Regionen, wie sie es nannte, zu ändern. Erst vor kurzem sprach die Co-Vorsitzende der HDP, Figen Yüksekdag, von der Unteilbarkeit des Landes und auch Selahhatin Demirtas, der erst vor kurzem von einer Deutschlandreise zurückkehrte, beschwichtigt die Lage wieder.

Experten sehen darin eine Schubumkehr in der bisherigen Politik, um den Schaden an der Partei, die durch die innerstädtischen Konflikte mit der PKK geschürt wurden, so gering wie möglich zu halten. In vom Konflikt betroffenen Stadtvierteln ist die Stimmung bereits umgekippt und die Menschen haben kein Verständnis mehr dafür, dass die HDP-geführten Bürgermeisterämter bei den Kämpfen indirekt geholfen und dem Treiben der PKK nur zugeschaut zu haben.


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In Diyarbakır ist an jeder Ecke zu hören, wie unzufrieden man mit der Politik des HDP-Co-Vorsitzenden Selahattin Demirtas und seiner Partei ist, der ihnen zwar “Demokratie” versprochen, aber Elend und Gewalt gebracht habe. Die Bewohner beschuldigen in vielen Fällen die Terrororganisation PKK und auch die HDP für die Zustände und Probleme der Bürger in der Metropole verantwortlich zu sein.

 


Erschienen bei turkishpress