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50 Hinrichtungen: Heute jährt sich der Putsch in der Türkei zum 39. Mal

Selbst nach 39 Jahren sticht der blutige Militärputsch vom 12. September 1980 noch immer als schwarzer Fleck in der türkischen Geschichte hervor und bleibt für seine Hinrichtungen, Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen in Erinnerung.

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Selbst nach 39 Jahren sticht der blutige Militärputsch vom 12. September 1980 noch immer als schwarzer Fleck in der türkischen Geschichte hervor und bleibt für seine Hinrichtungen, Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen in Erinnerung.

Nach den Putschen vom 27. Mai 1960 und 12. März 1971, ergriff in den frühen Morgenstunden des 12. Septembers 1980 das türkische Militär ein weiteres Mal die Macht im Land.  Die Menschen in der Türkei wurden mit der über Rundfunk verbreiteten Nachricht geweckt, dass „die Armee für das Wohl und die Unteilbarkeit des Landes die Macht übernommen“ habe.

Der Nationale Sicherheitsrat, bestehend aus dem damaligen Generalstabschef Kenan Evren, der den Putsch anführte und später Präsident war, den Kommandeuren der türkischen Land-, Luft- und Seestreitkräfte und dem Kommandanten der Gendarmeriekräfte, übernahm die Kontrolle über alle Machthebel. Die Putschisten hoben nach der Machtergreifung die Verfassung des Landes auf und lösten das Parlament auf.

Hinrichtungen, Prozesse nach einem Staatsstreich

Die ersten Hinrichtungen – von zwei politischen Persönlichkeiten – wurden am 9. Oktober desselben Jahres vollzogen.

Erdal Eren, 17, wurde am 19. März zum Tode verurteilt, weil er vor dem Putsch einen Militärpolizisten getötet haben soll. Eren wurde am 13. Dezember 1980 hingerichtet, nachdem ein Gericht sein Alter manipuliert hatte, um seine Strafe zu vollstrecken.

Erdal Eren

Evrens Äußerung über die Hingerichteten „Sollen wir sie nicht hängen, sondern ernähren?“ brennt immer noch in den Köpfen der Menschen.

Der Staatsstreich gilt als die blutigste militärische Intervention in der Geschichte der Türkei, die nach Jahren der politischen Unruhen Hunderte von Menschenleben forderte. Mehr als 650.000 Menschen wurden während der Putschzeit von 1980 inhaftiert, 230.000 wurden vor Gericht gestellt, vor allem aus politischen Gründen. Türkischen Quellen zufolge wurden 50 hingerichtet und weitere 299 starben an Folter und ungesunden Haftbedingungen.
Rund 14.000 Menschen wurde die türkische Staatsbürgerschaft entzogen, fast 1.000 Menschen kamen wegen Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation vor Gericht und 30.000 Menschen, einschließlich Lehrer, wurden von ihren Posten entlassen. Dazu hat man rund 1.000 Filme verboten, und Dutzende von Journalisten wurden zu Gefängnisstrafen von bis zu Tausenden von Jahren verurteilt.

Coup-Planer erscheinen zum ersten Mal vor Gericht

1982 fand eine von den Putschisten erarbeitete Verfassung in einem „kontrollierten“ Referendum 92% Zustimmung. Es enthielt einen Abschnitt, der den Prozess gegen die Putschisten ein Leben lang verhinderte.

In einem Referendum vom 12. September 2010 wurde dieser Abschnitt aus der Verfassung gestrichen, was den Weg für eine Reihe von Strafverfahren gegen die Verschwörer und diejenigen ebnete, die während des Putsches Befehle ausgeführt haben. In ihrem Gefolge starteten Top-Staatsanwälte in der Hauptstadt Ankara eine kriminelle Untersuchung gegen Evren und den ehemaligen Luftwaffen General Tahsin Sahinkaya. Die beiden wurden vor Gericht gestellt. Das war das erste Mal in der Geschichte der Türkei, dass Putschisten in einem Gerichtssaal erschienen.

Evren wurde am 18. Juni 2014 wegen seiner Rolle im Staatsstreich zu lebenslanger Haft verurteilt, starb aber im Mai 2015 im Alter von 97 Jahren. Sahinkaya folgte ihm nur zwei Monate später, im Juli.

Ag-Friedensforschung schreibt über den Putsch:

Zur Absicherung des Putsches fand ab dem 11. September im europäischen Teil der Türkei unter der Oberhoheit des Südostkommandos der ­NATO das Manöver »Anvil Express« mit 3000 Soldaten der Schnellen Eingreiftruppe statt. »Unsere Jungs haben es geschafft«, meldete Paul Henze, der ehemalige Leiter der CIA-Niederlassung in Ankara, am Tag nach dem Putsch dem US-Präsidenten.

Der CIA-General, der die Türkei kurz davor verlassen hatte, um Carters Sicherheitsberater und Chef der Türkei-Abteilung in Washington zu werden, gilt als »Baumeister des 12.-September-Putsches«. Der türkische Generalstabschef Evren, ein enger Vertrauensmann des Pentagon, beeilte sich, unmittelbar nach dem von den NATO-Partnern mit spürbarer Erleichterung aufgenommenen Putsch zu versichern, die Türkei werde ihren vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen des Bündnisses selbstverständlich nachkommen.

 

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