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Interview: Erdogan vermisst Schröder-Zeiten

Erdogan betonte die Bedeutung der türkisch-deutschen Beziehungen angesichts der gemeinsamen Mitgliedschaft in der Nato, der Handelsbeziehungen und der drei Millionen Türken, die in Deutschland leben.

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, hier mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan - damals noch Ministerpräsident. (Archivfoto: AA)
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Istanbul (nex) – In einem ausführlichen Interview mit ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo sagte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, dass die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland in der Regierungszeit von Gerhard Schröder „wirklich sehr anders“ gewesen seien. Er vermisse diese Zeit und hoffe, dass man wieder dahin komme.

„Wir brauchen einander“

Erdogan betonte die Bedeutung der türkisch-deutschen Beziehungen angesichts der gemeinsamen Mitgliedschaft in der Nato, der Handelsbeziehungen und der drei Millionen Türken, die in Deutschland leben: „Wir brauchen einander“, sagte Erdogan gegenüber der ZEIT. „Wir müssen das bewahren.“

Bei der Frage nach seiner persönlichen Beziehung zu Angela Merkel sagte Erdogan: „Ich habe kein Problem mit der Kanzlerin.“

Der türkische Staatspräsident äußerte in dem ZEIT-Interview aber sein Unverständnis darüber, dass die Bundesregierung zurückhaltend auf sein Gesuch reagiert habe, Gülen-Anhänger in die Türkei auszuliefern.

„Ich habe sie von Frau Merkel gefordert, warum werden sie uns nicht zurückgegeben?“ Solange die deutsche Regierung dies nicht tue, werde die Türkei Deutschland als ein Land ansehen, das Terroristen schütze, sagte Erdoğan.

Auf die Frage, ob ein Journalist, der Terroristen oder auch nur einen vermeintlichen Terroristen interviewe, dadurch in seinen Augen zum Unterstützer werde, sagte der türkische Präsident, das sei ein Verbrechen. Sie leisteten damit Beihilfe zur Propaganda der Terroristen. Das werde auch von den Anklageorganen überall auf der Welt so bewertet.

Erdogan könne auch nicht verstehen, warum Bundeskanzlerin Merkel sich so für den in der Türkei inhaftierten Journalisten Deniz Yücel einsetze und die Rettung „eines Terrorverdächtigen“ auf die Tagesordnung bringe. Das sei für Erdogan „sehr, sehr sonderbar“.

„Deutschland begeht Selbstmord“, sagte Erdogan zu der Entscheidung Berlins, ihn in Deutschland nicht vor seinen Landsleuten auftreten zu lassen.

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