Berlin (ots) – Nach Informationen des ARD-Politikmagazins KONTRASTE täuschte das Landeskriminalamt in den Akten zum Fall Amri über Monate vor, dass der Tunesier angeblich beschattet worden sei.
Die Staatsanwaltschaft hatte das Berliner Landeskriminalamt beauftragt, den späteren Attentäter Anis Amri bis in den Herbst 2016 hinein zu observieren. Doch das Landeskriminalamt setzte diesen gerichtlichen Observationsbeschluss nicht um. In den Akten zum Fall Amri wird jedoch fälschlich behauptet, dass die Observationsmaßnahmen durchgeführt worden seien.
Laut Kontraste vorliegenden Ermittlungsakten wollte die Generalstaatsanwaltschaft Amri zweigleisig verfolgen: Amri sollte nicht nur wegen Terrorverdachts sondern auch wegen bandenmäßigen Drogenhandels verfolgt werden. Ein Ermittlungsrichter beschloss die „längerfristige Observation“ bis zum 21.10.2016.
Der zuständige LKA-Mitarbeiter verwarf den Verdacht des bandenmäßigen Drogenhandels später. Kontraste liegt ein Dokument vom 20.10.2016 vor, in dem der zuständige LKA-Mitarbeiter ausführt: „Im Rahmen der (…) durchgeführten Observationsmaßnahmen konnten keine Handelstätigkeiten des Amri festgestellt werden.“ Doch anders als in diesem Vermerk behauptet, wurden gar keine Observationsmaßnahmen durchgeführt.
Der Vorsitzende der parlamentarischen Kontrollkommission im Bundestag, Clemens Binninger, CDU, selbst gelernter Polizist, zeigte sich angesichts der KONTRASTE-Recherchen entsetzt: „Wenn es zutreffen sollte, dass Observationen zwar gebilligt werden, aber nicht durchgeführt wurden und hinterher trotzdem Vermerke geschrieben wurden, dass eine Observation gemacht wurde dann kann das einen Vertrauensverlust auslösen, der nur sehr schwer zu reparieren sein wird.“
Berlins Innensenator hatte vor knapp zwei Wochen über den Verdacht von Aktenmanipulationen im Landeskriminalamt sowie über den Verdacht der Strafvereitelung zugunsten von Anis Amri informiert. Daraufhin verständigten sich die Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus auf die Einrichtung eines Amri-Untersuchungsausschusses.