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Filmkritik: Kunstvolle Tiefschläge – Southpaw

Nicht immer muss für einen guten Film das Rad neu erfunden werden. Eigentlich reicht es eine bekannte Geschichte nur besser zu erzählen als alle anderen. Kurt Sutter, kreativer Kopf und federführender Regisseur hinter „Sons of Anarchy“, weiß das wie kaum ein anderer.

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Kunstvolle Tiefschläge – Southpaw

Review von Julius Zunker
Düsseldorf (nex) – Boxen ist ein Sport, der oft nur wenige Überraschungen bereit hält. Häufig scheint ein Kampf schon entschieden, bevor er überhaupt begonnen hat. Schlussendlich dreht sich, wie in vielen Sportarten, alles um die Verfeinerung und Meisterung von Technik und die Wiederholung von Bewegungsabläufen bis jene Meisterschaft erreicht ist. „Southpaw“ von Antoine Fuqua („Trainig Day“, „The Equalizer“ und „Olympus Has Fallen“) ist vielleicht auch deswegen in dem in ihm vermittelten Gefühl von Bekanntheit so passend, so vertraut, aber eben auch so gut.
Nicht immer muss für einen guten Film das Rad neu erfunden werden. Eigentlich reicht es eine bekannte Geschichte nur besser zu erzählen als alle anderen. Kurt Sutter, kreativer Kopf und federführender Regisseur hinter „Sons of Anarchy“ (demnächst mit „The Bastard Executioner“ wieder im TV), weiß das wie kaum ein anderer. Über 6 Jahre und 92 Folgen hat er stets die selbe griechische Tragödie um Väter, Söhne, Männer gefangen in einer Welt aus selbstgeschaffener Gewalt und voller Taten, die immer wieder durch jene Väter und Söhne negiert werden, nur um das Rad der Gewalt im Bewegung zu halten, erzählt. Sicher hat er damit den ein oder anderen Zuschauer verschreckt, aber Sutter erzählt eben keine neuen Geschichten, sondern eigentlich seit „The Shield“ klassische Männersagen um Helden auf dem Weg zu Vergebung und Erlösung. Mit Antoine Fuqua als Regisseur trifft Sutter auf einen Gesinnungsgenossen.
Ausgezählt
Dies im Hinterkopf sollte wirklich niemand in „Southpaw“, einem Film um einen Boxer, der von persönlicher Tragödie gefällt sich wieder aufrichtet um die einzige Person zu retten, die ihm etwas bedeutet, eine Handlung voller Drehungen und Wendungen erwarten. Wer dies aus seinen Erwartungen verdrängt, der und die wird in „Southpaw“ zunächst einen Jake Gyllenhaal (zuletzt überragend in „Nightcrawler“ und hoffentlich ähnlich gut in Bälde in „Everest“) erleben, der sich als Boxer Billy Hope erneut einer völligen Wandlung unterzieht. Billy ist ein gealterter Champion, dem Ende seiner Karriere sehr nahe. Der Kampf zu Beginn von „Southpaw“ erweist sich als einer, der ungeahnt schwierig wird und ihn blutig und zerschlagen in den Seilen enden lässt. Maureen (Rachel McAdams), seine Frau, bittet ihn eine Pause einzulegen und warnt ihn, wenn er weiter so macht, dann wird er in ein oder zwei Jahren nicht mehr viel vom Leben haben und es sich unmöglich machen, dass Leben mit seiner Tochter Leila (in jeder Szene genial: Oona Laurence) zu genießen. Billy aber kennt kein Leben außer dem im Ring.
Aufgewachsen in staatlicher Obhut eines Kinderheims, sind alle, die ihn umgeben ebenfalls dort aufgewachsen. Seine Frau und seine Freunde, die ihn stets anhalten dem Weg zum Ruhm weiter zu folgen. Doch wie so oft taucht ein neuer, ein jüngerer Kämpfer auf und will sich an dem alten Haudegen messen. Miguel Escobar (Miguel Gomez) ist jung und sehr agil und will seine Chance. Boxpromoter Jordan Mains (50 Cent – bitte keine Scherze über Zahlungsunfähigkeit an dieser Stelle) will lieber noch ein paar Vormatches haben, aber die beiden Kontrahenten haben Blut geleckt. Doch bevor es zum Wettstreit im Ring kommen kann eskaliert eine Auseinandersetzung zwischen dem zu Gewaltausbrüchen neigenden Hope und dem aufstrebenden Star Escobar. Als sich der Nebel des Kampfes lichtet liegt Maureen am Boden mit einer Kugel im Bauch.
Schlagabtausch
Ähnlich wie in „Sons of Anarchy“ und „The Shield“ zeichnet Sutter in „Southpaw“ einen Hauptcharakter, für den Kampf und Liebe extrem nah aneinander liegen. Billy hat alles verloren und dreht sich abwärts in suizidalem Verhalten, bis er einen neuen Trainer (Forest Whitaker) findet, der erkennt, dass Männer wie Billy (und dies gilt auch sowohl für „Sons of Anarchy“s Jax Teller als für „The Shield“s Vic Mackey) am besten sind, wenn sie ein Ziel haben. Gyllenhaal setzt das hervorragend um. Im Ring lässt er Billy zu einer Naturgewalt werden, außerhalb unsicher, fast schon schüchtern wenn es um seine Gefühle geht. Hier zeigt er erneut bravourös, dass er einer der besten Schauspieler ist, die derzeit auf der Leinwand zu sehen sind, wenn es darum geht Körperlichkeit zu einem Charakter zu verwandeln. In „Prisoners“ und „Nightcrawler“ gelang ihm das perfekt, gleiches gilt für „Southpaw“. Im Spiel mit Whitaker wird dies exzellent beantwortet, leider wirken die meisten anderen Rollen wie hohle Plothilfen.
Letzte Runde
Als Regisseur ist Fuqua solche Geschichten sehr gewohnt und er dreht „Southpaw“ routiniert ab. In den Kämpfen wird der Zuschauer mitten ins Geschehen gesogen, allerdings scheinen viel Subplots auf etwas dünner Schreibe gebaut zu sein. Hier hat entweder der Schnitt gnadenlos zugeschlagen oder Sutter hat versucht an ein paar Ecken abzukürzen. Trotz kleinerer Mängel aber liefert „Southpaw“ in der langen Tradition von Boxfilmen einen ab, der einen guten Kampf liefert. Im Vergleich zu dem, was in der Realität im Ring zu sehen ist, ist die schmutzige Hollywood-Version seine Länge in voller Gänze wert. Hier geht es eben nicht um einen Schlagabtausch nur mit einem Gegner, sondern auch um einen Kampf mit den inneren Dämonen. Sehr sehenswert.

Julius Zunker