Frankfurt (ots) – Die unabhängige Beobachtungsstelle NSU-Watch Hessen fordert die sofortige Veröffentlichung des Untersuchungsberichts des hessischen Verfassungsschutzes (LfV) zu Bezügen des NSU zur hessischen Naziszene.
Der Bericht enthalte Hinweise auf mögliche Verbindungen hessischer Neonazis zum NSU, nicht nachgegangenen Hinweisen an das LfV und mögliche weitere rechtsterroristischen Pläne, sei jedoch zum Teil für 120 Jahre als geheim eingestuft.
Der Bericht wurde 2014 fertig gestellt und beruht auf den Akten des LfV zur extrem rechten Szene in Hessen von 1992 bis 2012. Wie in der letzten Befragung des NSU-Untersuchungsausschusses im hessischen Landtag herauskam, wird darin über rund „30 Belege“, bei denen sich ein möglicher Bezug hessischer Neonazis zum NSU-Kerntrio ableiten lässt, berichtet. Zudem verweist der Bericht auf mehr als 300 Fälle von illegalem Waffen- oder Sprengstoffbesitz durch Neonazis, denen nicht immer nachgegangen wurde.
„Zudem habe das LfV laut dem Bericht 1999 einen Hinweis auf ‚National Sozialistische Untergrundkämpfer Deutschlands‘ erhalten, dem es nicht nachging, sondern lediglich weiterleitete“, so Sarah Müller, Pressesprecherin von NSU-Watch Hessen.
Zur gleichen Zeit befanden sich die Mitglieder des NSU-Kerntrios bereits im Untergrund. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, ob das hessische LfV eine Gelegenheit verpasst hat, die NSU-Morde zu verhindern, oder ob womöglich weitere RechtsterroristInnen im Untergrund waren.“
„Die angeordnete Geheimhaltung des Berichts über bis zu 120 Jahre ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die an einer Aufklärung des NSU-Komplexes interessiert sind“ sagte Müller. Die übliche Frist zur Geheimhaltung von Geheimdienstakten liege bei 25 Jahren, so werde es auch im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags praktiziert. Angesichts dessen sei die Sperrung einiger Teile bis zum Jahr 2134 schlicht und einfach absurd und unverständlich.
Doch auch eine Sperrung von 25 Jahren sei nicht angemessen:
„Wir fordern die sofortige Veröffentlichung des Berichts unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte aller nicht öffentlichen Personen.“ Gerade die Recherchen unabhängiger JournalistInnen und Initiativen zum NSU-Komplex hätten in der Vergangenheit gezeigt, dass eine kritische Öffentlichkeit für die Aufklärung notwendig sei.
„Die öffentliche Aufklärung des NSU-Komplexes darf nicht erst bei unseren Ur-Ur-EnkelInnen stattfinden, sondern muss jetzt geschehen“, so die Pressesprecherin der Initiative.
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