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Wikileaks-Gründer
Bericht: Assange-Besucher wurden ausgespäht

Die mutmaßlich illegale Überwachung von Wikileaks-Gründer Julian Assange während seiner Zeit in der ecuadorianischen Botschaft in London war umfassender als bislang bekannt.

(Archivfoto: Screenshot)
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Die mutmaßlich illegale Überwachung von Wikileaks-Gründer Julian Assange während seiner Zeit in der ecuadorianischen Botschaft in London war umfassender als bislang bekannt. Das geht aus internen Unterlagen der Sicherheitsfirma UC Global hervor, die dem NDR und WDR vorliegen.

Fotos zeigen Assanges private Wohnräume in der Botschaft, in die Mitarbeiter der Sicherheitsfirma auch eingebrochen sein sollen. Auch offenbar vertrauliche Treffen zwischen Assange mit einem Psychologen und einem Arzt wurden dokumentiert.

Die internen Unterlagen von UC Global legen außerdem nahe, dass der Chef der Firma, David Morales, konkrete Anweisungen an seine Mitarbeiter gab, Besucher von Assange gezielt auszuspähen. Außerdem forderte er von Mitarbeitern mehrfach Überwachungsprofile und -videos von Botschaftsbesuchern an. Während der Überwachung gerieten auch die Verlobte von Assange, Stella Moris, und einer ihrer gemeinsamen Söhne ins Visier der Firma.

Die Juristin war als Mitglied im Beratungsteam von Assange seit 2012 häufig in der ecuadorianischen Botschaft zu Besuch. Seit 2015 ist sie mit Assange liiert, das Paar hielt die Beziehung jedoch lange Zeit geheim. In der ARD-Dokumentation „Wikileaks – Die USA gegen Julian Assange“ äußert sich Stella Moris zum ersten Mal ausführlich im deutschen Fernsehen: „Wir haben versucht, unsere Beziehung geheim zu halten. Wenn bekannt geworden wäre, dass ich seine Partnerin bin – dann wäre ich ein Hauptziel geworden.“

Allerdings ahnten Mitarbeiter von UC Global offenbar, dass Assange und Morris ein Paar waren. Man könne Moris „beschatten […] und sogar auf der Straße überfallen“, heißt es in einer Email. Später soll ein Mitarbeiter der Firma Moris sogar persönlich gewarnt haben. Er sei damit beauftragt worden, die Windel oder einen Schnuller ihres Sohnes zu stehlen. So habe man DNA sicherstellen wollen, um herauszufinden, ob Julian Assange der leibliche Vater des Kindes sei.

Offiziell war die spanische Sicherheitsfirma UC Global von 2012 bis 2018 im Auftrag der ecuadorianischen Regierung für den Wachschutz des Botschaftsgebäudes in London zuständig. Wer die Firma mit der mutmaßlich illegalen Überwachung von Julian Assange und seinem Umfeld beauftragte, ist bislang unklar.

Die Chat- und Emailprotokolle legen aber nahe, dass der Chef von UC Global, David Morales, über die Überwachungsmaßnahmen auch mit US-Geheimdiensten verhandelte. In einer Textnachricht von Morales heißt es: „Die Kontrolle haben unsere Freunde aus den USA.“ In einer anderen Nachricht spricht er von einem „Dienst der Stars und Stripes.“ Kreditkartenabrechnungen, Telefonverbindungen und Flugtickets zeigen, dass der UC Global-Chef regelmäßig in die Vereinigten Staaten reiste.

In Chats mit seinen Mitarbeitern spricht er unter anderem von Treffen, um über neue Kameras für die Botschaft zu verhandeln. Außerdem ermahnt er seine Mitarbeiter, nicht über seine Reisen in die USA zu sprechen und sie auch vor der ecuadorianischen Regierung geheim zu halten.

Den Verdacht, UC Global habe Assange und seine Besucher im Auftrag von US-amerikanischen Geheimdiensten ausgespäht und Überwachungsmaterial an Dienste weitergegeben, weist Firmenchef David Morales im Interview mit dem NDR zurück. Sein Unternehmen habe nur im Auftrag der ecuadorianischen Regierung gearbeitet. Das Büro des Direktors der Nationalen Geheimdienste in den USA und die ecuadorianische Regierung äußerten sich auf Anfrage nicht.

Dass Julian Assange während seiner Zeit in der ecuadorianischen Botschaft überwacht wurde, war bereits 2018 bekannt geworden. Nach Recherchen von NDR und WDR hatte UC Global in den Räumen der Botschaft bereits installierte Überwachungstechnik durch Kameras mit versteckten Mikrofonen ausgetauscht und Wanzen installiert. Außerdem führten Mitarbeiter von UC Global offenbar systematisch Protokoll über Besuche von Anwälten und Politikern bei Assange. Ein ehemaliger Mitarbeiter berichtete dem NDR zudem davon, dass eine Überwachungskamera im Schlafzimmer von Assange installiert werden sollte.

Der Wikileaks-Gründer hat inzwischen Klage gegen UC Global und Firmenchef David Morales eingereicht. Sein spanischer Anwalt Aitor Martinez befürchtet, dass während der Überwachung auch vertrauliche Gespräche zu Assanges Verteidigungsstrategie im Auslieferungsverfahren gegen die USA abgehört worden sein könnten.

Um einer Auslieferung zu entgehen, war Julian Assange 2012 in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchtet und hatte politisches Asyl beantragt, das ihm später auch gewährt wurde. 2019 wurde es ihm allerdings wieder entzogen, anschließend wurde er von der britischen Polizei verhaftet. Derzeit sitzt Julian Assange im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. Am kommenden Montag beginnt die Hauptverhandlung über seine Auslieferung an die USA, wo er wegen des Erhalts und der Weiterverbreitung geheimer Informationen angeklagt ist. Bei Verurteilung drohen ihm 175 Haft.

Assanges Familie und Anwälte fürchten derweil, dass sich der Wikileaks-Gründer das Leben nehmen könnte, wenn er in die USA abgeschoben wird: „Sein Leben ist in Gefahr.“

Am Montag, 7. September, berichtet der NDR in Kooperation mit dem WDR um 22.50 Uhr in einer 45-minütigen „Story im Ersten“ über das Thema „Wikileaks – Die USA gegen Julian Assange“. Darin äußern sich auch Edward Snowden, Ex-CIA-Direktor Leon Panetta und Assanges Vater John Shipton. Eine 60-minütige Version der Dokumentation ist bereits ab Freitag, 4.9., in der ARD Mediathek abrufbar.

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