Kiew – Die ukrainischen Spezialkräfte erklärten am Montag, Admiral Viktor Sokolow, der Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte, und 33 weitere Offiziere, seien bei einem ukrainischen Angriff auf das Flottenhauptquartier im Krimhafen Sewastopol in der vergangenen Woche getötet worden. Dies war einer der verheerendsten Angriffe der Ukrainer seit Beginn des Krieges.
Sokolow, der im vergangenen Jahr zur Verstärkung der schwächelnden Marine eingesetzt wurde, nahm an einem Treffen hochrangiger Marine- und Militärangehöriger teil, als die Rakete in das Gebäude in Sewastopol einschlug, wie die ukrainischen Sondereinsatzkräfte mitteilten. Bei dem Angriff kamen Storm Shadow-Raketen aus britischer Produktion zum Einsatz.
Eine riesige schwarze Rauchwolke stieg am vergangenen Freitag aus dem Gebäude auf, als die Ukraine einen der beeindruckendsten Raketenangriffe des Krieges durchführte. Der Volltreffer auf die Marinekommandozentrale war ein symbolischer Schlag für Russland, denn die Schwarzmeerflotte ist seit ihrer Gründung durch Katharina die Große im Jahr 1783 eine Quelle des nationalen Stolzes.
Präsident Wladimir Putin hat den Flottenkommandeur im vergangenen Jahr entlassen, nachdem die Flotte eine Reihe peinlicher Rückschläge erlitten hatte, darunter den Untergang ihres wichtigsten Kriegsschiffs, der Moskwa, und einen Angriff auf ihren Luftwaffenstützpunkt auf der Krim, bei dem acht Kampfflugzeuge zerstört wurden.
Sokolow, der zuvor eine prestigeträchtige Position als Leiter einer Militärakademie innehatte, wurde in den aktiven Dienst zurückgebracht, um den Stolz auf die Schwarzmeerflotte wiederherzustellen.
Sein Tod – und der so vieler seiner Kollegen – mitten im Einsatzgebiet der Flotte wäre ein schwerer Schlag für diesen Stolz gewesen.
Im Laufe des Wochenendes kamen in den sozialen Medien Gerüchte auf, wonach Sokolow von der Explosion erfasst worden sei. Die Spezialeinheiten bestätigten dies am Montag auf Telegram.
„Nach dem Angriff auf das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte haben 34 Offiziere, darunter der Kommandant der russischen Schwarzmeerflotte, ihr Leben verloren, weitere 105 Insassen wurden verletzt. Das Gebäude des Hauptquartiers ist nicht mehr zu reparieren“, hieß es in der Erklärung auf Telegram.
The moment of a missile hit the headquarters of the Russian Black Sea Fleet
Some Ukrainian media are reporting that Russian Black Sea Fleet Commander Sokolov may have been killed as a result of an AFU missile strike. However, there is no official confirmation of this information… pic.twitter.com/j9pSZt03uC
— NEXTA (@nexta_tv) September 22, 2023
Großbritannien lieferte seine Langstreckenraketen im Mai an die Ukraine. BBC berichtete zuvor, dass Storm Shadow-Raketen auch bei einem Angriff auf die Sevmorzavod-Reparaturanlage in Sewastopol am 13. September eingesetzt wurden. Der Angriff beschädigte die Infrastruktur der Werft und setzte ein U-Boot und ein Landungsboot außer Gefecht.
In der vergangenen Woche erklärte die ukrainische Marine zudem, auf der Halbinsel eine S-400-Luftabwehrraketenbatterie ausgeschaltet zu haben, was die Fähigkeit Russlands zur Abwehr neuer Angriffe beeinträchtigen könnte.
Commander of the Russian Black Sea Fleet admiral Viktor Sokolov died in the missile strike on the Fleet’s headquarters, along with 34 more officers. 105 more were wounded. The building is not suitable for restoration – Special Operations Forces of Ukraine. pic.twitter.com/2EQHl7WxJy
— Anton Gerashchenko (@Gerashchenko_en) September 25, 2023
Krim-Annexion
Im Februar 2014 marschierten russische Streitkräfte auf der Halbinsel Krim ein. Im darauffolgenden Monat teilte Präsident Wladimir Putin die Region förmlich in zwei verschiedene föderale Einheiten der Russischen Föderation auf.
Nach einem Referendum unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin am 18. März 2014 einen Vertrag über die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation. Die Volksabstimmung wurde bis heute international jedoch nicht anerkannt. Westliche Staaten haben daraufhin mehrfach Sanktionen gegen Russland erlassen. Das Auswärtige Amt bezeichnete die Ereignisse bis heute als völkerrechtswidrige Annexion. Auch die Türkei bezeichnete Russlands Präsenz in der Krim als „illegale Annexion“.
Die Türkei hat die „illegale Annexion der Krim“ nicht anerkannt und werde dies auch in Zukunft nicht tun. Die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine müsse respektiert werden, sagte etwa der damalige stellvertretende türkische Außenminister Yavuz Selim Kiran bei einer Sonderveranstaltung zur Krim auf der 46. Sitzung des UN-Menschenrechtsrates im Februar 2021.
Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat wiederholt die Annexion der Krim durch Russland verurteilt.
„Wir haben und werden immer die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine unterstützen, auch über die Krim,“ sagte Erdogan etwa bei einem Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj im Oktober 2020 in der türkischen Hauptstadt Ankara.
„Die Türkei sieht die Ukraine als ein Schlüsselland für die Gewährleistung von Stabilität, Sicherheit, Frieden und Wohlstand in unserer Region,“ so Erdogan.
Laut Moskau sei das eindeutige Ergebnis des Referendums jedoch eine Willensbekundung der Krim-Bevölkerung für einen Beitritt zur Russischen Föderation gewesen. Diese gehe mit dem Selbstbestimmungsrecht dieser Gruppe einher und Russland hätte eine Schutzverpflichtung gegenüber den in der Ukraine lebenden Russen. Deswegen handle es sich bei den Ereignissen keineswegs um eine Annexion. Russland sieht die Krim als russisch und versucht die Annexion mit geschichtspolitischen Argumenten zu legitimieren, so die Bundeszentrale für Politische Bildung.