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Türkei
Regierungskritiker fordern Syrer zur Ausreise auf

Die Stimmung innerhalb der türkischen Gesellschaft gegenüber Flüchtlingen erreicht einen kritischen Punkt. Immer mehr regierungskritische Stimmen in der Türkei fordern lautstark Syrer auf, das Land zu verlassen.

Flüchtlingslager/Kilis/Türkei (Archivfoto: AA)
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von Nabi Yücel

Die Stimmung innerhalb der türkischen Gesellschaft gegenüber Flüchtlingen erreicht einen kritischen Punkt. Immer mehr regierungskritische Stimmen in der Türkei fordern lautstark Syrer auf, das Land zu verlassen.

Über 3,8 Millionen Flüchtlinge leben in der Türkei. Die Mehrzahl wird von Nichtregierungsorganisationen unterstützt, die mit Programmen der Vereinten Nationen zielgerichtet versorgt werden. Die türkische Regierung stellt die Flüchtlingsunterkünfte bereit, in der die Flüchtlinge mit Programmen der UN-Flüchtlingshilfe sowie Mitteln der EU versorgt werden.

Seit 2016 zahlt die Europäische Union Milliarden, um die Flüchtlinge in der Türkei zu versorgen. Im Gegenzug, so steht es in dem EU-Türkei-Flüchtlingspakt, hält die türkische Regierung die Flüchtlinge vor der Einreise in die EU auf, nimmt Flüchtlinge aus der EU zurück, die keinen Asylstatus erhalten haben.

Ein geringer Teil von Flüchtlingen lebt außerhalb dieser Programme. Sie arbeiten als Geringverdiener, zahlen Miete oder haben etwas Vermögen, von der sie zehren können oder in der Türkei investieren, um so über die Runden zu kommen. Manche haben sich inzwischen eingelebt, betreiben Lokale oder Geschäfte, die die syrische Kultur wiedergeben.

Das wird in der Türkei nicht von allen gern gesehen. Vor allem die türkische Opposition, hat daraus ein Politikum gemacht, mit der sie die türkische Regierung unter der AKP gezielt angreifen und ihre Flüchtlingspolitik kritisieren.

Dabei greift die regierungskritische Opposition auf Meinungsmacher in sozialen Kanälen und Medien zurück, die in der EU als regierungskritische Journalisten, Politiker oder Persönlichkeiten für ihre Lobbyarbeit gelobt werden. Ihre immer wiederkehrenden fremdenfeindlichen Kampagnen zielen auf Flüchtlinge, mit der ein Klima der Angst geschaffen wird.

Das wirft automatisch die Frage auf, was nach der Ära der AKP die oppositionelle türkische Flüchtlingspolitik mit sich bringen wird, sollte sie ihre fremden- und flüchtlingsfeindlichen Kampagnen auch politisch umsetzen. Kann dann der EU-Türkei-Flüchtlingspakt von 2016 noch aufrechterhalten werden; werden die Flüchtlinge dann noch davon abgehalten, in die EU weiter zu flüchten; und vor allem, werden dann noch Flüchtlinge aus der EU zurückgenommen?

In der Türkei halten sich Sozialdemokraten und Linke bei solchen fremdenfeindlichen Kampagnen gegen Flüchtlinge auffallend zurück oder werden derartige politische Statements gar stillschweigend geteilt. Mit ein Grund dafür sind die oppositionsnahen Medien, die diese Kampagnen geradezu beschönigend wiedergeben und damit wie ein Brandbeschleuniger wirken. Diese Meldungen wiederum, werden in den sozialen Medien von Regierungskritikern wiedergegeben, die selbst als Globetrotter im Ausland leben. Eine gefährliche und zugleich toxische Mischung, die sich da in der Türkei unter dem Deckmantel der Regierungskritik gebildet hat.

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