Ein Gastkommentar von Can Ünal
Letztes Wochenende bin ich aus privaten Gründen nach Istanbul geflogen und habe somit die von mir schon 2020 prophezeite Verhaftung des Istanbuler Obermeisters Ekrem Imamoglu vor Ort mitbekommen und natürlich auch die Demos.
Was war passiert?
Schon seit Jahren murmelten nicht nur Gegner, sondern eigene CHP -Parteigenossen von Ekrem Imamoglu, dass ein Netzwerk von Buddies und Imamoglu selbst die Stadtkasse von Istanbul plündert und das in einem nie gekannten Ausmaß. Insbesondere die Informationen und Zeugen der eigenen Partei CHP wurden dann Imamoglu und seinem Netzwerk zum Verhängnis.
Videoaufnahmen mit regelrechten Türmen aus Banknoten, Rechnungen für Autoleasings von 50.000€ pro Monat und pro Auto (!) und sogar der Verkauf von persönlichen Daten der Istanbuler an eine Datamining-Firma in UK waren Anlaß genug für eine Anklage und letztendlich für den U-Haft von Imamoglu und 50 seiner engsten Buddies.
Ach ja, ich muss erwähnen, dass sein Uniabschluss kurz davor aberkannt wurde. Denn um der erwarteten Strafverfolgung zu entgehen, diktierte dieser Mann seiner CHP Parteiführung sage und schreibe 3.5 Jahre vor der nächsten Wahl, ihn als Präsidentschaftskandidaten der CHP aufzustellen – in der Hoffnung, dadurch sich den Strafbehörden zu entziehen.
Dumm nur, dass man für eine Präsidentschaftskandidatur einen Uni-Abschluss benötigt, den die CHP selbst in der Verfassung verankern ließ.
Und die Gerüchte, dass zwar sein Uni-Abschluss in englischsprachiger BWL an der Uni Istanbul korrekt ist, aber seine Zugang zu dieser Uni erkauft und mit falschen Belegen belegt wurde, bewahrheiteten sich und führten zu der Aberkennung des Uni-Abschlusses.
Somit steht dieser billige Camorra-Verschnitt eines Mafia-Paten vor einem Scherbenhaufen seiner dreisten und skrupellosen Machenschaften. Und was macht die von Atatürk gegründete CHP?
Man macht Jagd auf die eigenen „Maulwürfe“ und „Nestbeschmutzer“ die als Zeugen der Staatsanwaltschaft auftraten und ruft als Hauptoppositionspartei zum Strassenkampf auf.
Der aktuelle CHP Vorsitzende jammert erst bei CNN, dann beim BBC und aktuell bei der Deutschen Welle über die unzureichende Solidarität des Westens und ruft zum Eingreifen der „befreundeten Staaten“ auf – ein einmaliger Vorgang in der skandalreichen türkischen Politik.
Die Weltpolitik hat aktuell andere Sorgen als einen fragwürdigen und korrupten Istanbuler OB zu retten –
einzige Ausnahme: Deutschland
Die hiesigen Medien und Politik haben wieder ihr Lieblingsthema „der böse Erdogan“ und einige der sog. „Analysen“ von irgendwelchen möchtegern-Türkei Experten ist so hanebüchen, dass man nur noch über soviel Ahnungslosigkeit den Kopf schütteln kann.
Eigene Cumex-Skandale mit einem Schaden von zig Milliarden € oder Stuttgart 21 (was vor 4 Jahren fertig sein sollte und immer noch gebaut und anstatt 2 Mrd. € auf knapp 12 Mrd. € kosten soll) werden wie BER, und andere fragwürdige Großprojekte achselzuckend hingenommen. Aber hey, wenn die USA sich in den deutschen Wahlkamp einmischt, jammert man rum aber insbesondere SPD, Grüne, Linke können und dürfen aktiv sich in die Geschehnisse anderer Länder einmischen.
Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von NEX24 dar.
Zum Thema
– Gastkommentar –
Imamoglu-Verhaftung: Was hätte Erdogan von diesem Chaos?
Yücel: „Der gesunde Menschenverstand würde sich daher zuerst fragen: was hätte Erdoğan bei diesem Chaos davon, gegen einen İmamoğlu vorzugehen? Wohlgemerkt: gegen den schwächeren der beiden möglichen CHP-Kandidaten?“