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Europarat: Griechenland verstößt gegen Menschenrechte

Europarat: Griechenland muss Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu türkisch-muslimischen Vereinen umsetzen

(Foto: pixa)
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von Kemal Bölge

Das Ministergremium des Europarats hat in einer mehrtätigen Sitzung vom 8-10 Juni wegen einem Vertragsverletzungsverfahren Griechenland eindringlich dazu aufgefordert die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 27. September 2008 zu den türkisch-muslimischen Vereinen in Nordostgriechenland umzusetzen.

Dabei geht es um die Fallgruppe des Rechtsstreits Bekir Usta und anderen nichtstaatlichen Organisationen, die vor dem Europäischen Gerichtshofs geklagt hatten. Athen hatte diese Vereine verboten, weil die Vereinsnamen der Begriff Türkisch enthielten. Betroffen waren unter anderem die zivilgesellschaftlichen Institutionen der Türkischen Union von İskeçe/Xanthi (İskeçe Türk Birliği), der Kulturverein der türkischen Frauen im Bezirk Rodop (Rodop Ili Türk Kadınları Kültür Derneği), der Jugendverein des Bezirks Meriç der Minderheit usw. Seit 14 Jahren weigert sich Griechenland die Urteile des EGMR umzusetzen.

Verstoß gegen Artikel 46 der Europäischen Menschenrechtskonvention

Das Ministergremium hat sich mit der Nichtumsetzung des EGMR-Urteils durch Athen eingehend beschäftigt und untersucht.  Der Rat wies in der Sitzung noch einmal auf das Urteil des EGMR hin, wonach das Recht auf Vereinigungsfreiheit verletzt werde, die in einem demokratischen Staat von grundlegender Bedeutung sei.

Ferner wies das Europarats-Gremium auf die rechtliche Verpflichtung Griechenlands hin Urteile des EGMR umzusetzen, die es seit 14 Jahren, seit dem Urteil nicht umgesetzt habe. Die Haltung Griechenlands verstoße gegen Artikel 46 Absatz 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Repressionen gegen türkische Minderheit

Nach der Definition des griechischen Staates gibt es in Griechenland keine türkische Volksgruppe, sondern Griechen muslimischer Herkunft. Schätzungen zufolge beläuft sich die Zahl der türkischen Minderheit in Westthrakien auf circa 150.000 Menschen.

Die Rechte der türkisch-muslimischen Minderheit waren im Lausanner Vertrag geregelt. Eines der größten Probleme der türkischen Minderheit ist die Weigerung Athens, deren ethnische Zugehörigkeit anzuerkennen und stattdessen den Begriff „muslimische Minderheit“ Verwendung findet.

In den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als die griechisch- türkischen Beziehungen gut waren, verwendeten griechische Behörden die ethnische Titulierung „türkische Minderheit“, allerdings wurde diese Bezeichnung mit dem griechischen Militärputsch des Obristen-Regimes 1967 wieder abgeschafft.

Ab den 80er-Jahren wurden in Griechenland Vereine verboten, die in ihren Satzungen den Begriff „Türkisch“ enthielten, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil 2008 diese Praxis untersagte, haben griechische Behörden das Urteil des EGMR) bis heute nicht umgesetzt. Griechenland argumentiert, der Lausanner Vertrag beinhalte lediglich die Bezeichnung „muslimische Minderheit“ und daher sei sie nicht verpflichtet, einen ethnischen Begriff zu verwenden.