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Historie
Sultan Mohammed V. Reşad: Der dichtende Padischah und der Erste Weltkrieg

Geschichtsentdeckungen: Vor 177 Jahren, am 2. November 1844, wurde im Çırağan-Palast der spätere Sultan Mehmed Reşad (Mohammed V.) geboren.

Empfang Kaiser Wilhelms II. durch Sultan Mehmed Reşad (l.) auf dem Bahnhof Sirkeci, Istanbul. Oktober/2017. (Foto: Facebook/Weiberg)
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Ein Gastbeirag von Thomas Weiberg – Histoiker

Auf Anraten der osmanischen Regierung und der Militärführung, beide von den Jungtürken bestimmt, sowie aufgrund des nachdrücklichen Wunsches der Regierungen in Berlin und Wien, verkündete Sultan Mohammed V. Reşad am 14. November 1914 den ›Heiligen Krieg‹: Das durch zwei Balkankriege der Jahre 1912 und 1913 stark geschwächte Osmanische Reich trat an der Seite der Mittelmächte, zu denen neben dem Deutschen Reich, Bulgarien und Österreich- Ungarn noch bis zum Frühjahr 1915 Italien gehörte, in den Ersten Weltkrieg ein.

Der deutsche Theologe Otto Eberhard (1875-1966) schrieb über Mohammed V. Reşad in seinem 1918 verfaßten Buch ›Allerlei Türkisches‹:

… jener bezeichnende Ausspruch […], den dieser kurz vor seinem Tode getan hat: ›Leider bin ich zu alt, um meinen Truppen als Führer voranzureiten. Ich hoffe aber, noch die Kraft zu haben, eine andere, ebenso wichtige Führung übernehmen zu können, nämlich mit einem Pfluge, des Beispiels halber wenigstens, eine Furche zun ziehen. Das wäre eine gute Anregung für mein gutmütiges Volk.‹ Der Dreiundsiebzigjährige hat diese Absicht [den Aufbau der Wirtschaft] nicht mehr ausführen können.

Der Schriftsteller Friedrich Perzynski (1877-1965), der während des Ersten Weltkrieges in Konstantinopel für die konspirative deutsche ›Nachrichtenstelle für den Orient‹ tätig war, übersetzte ein pathetisches Gedicht Mohammeds V. Reşad, das dieser 1916 den siegreichen Dardanellenkämpfern gewidmet hatte:

Zweier Feinde Heer hat zu Meer und zu Land
in wütendem Ansturm Tschanak Kale berannt.

Gott sah es und half: wie ein Bollwerk aus Erz,
so hielt unsere Schar jenen Rasenden stand.

Mut stählte und Glaube jedes türkische Herz,
bis der Feind sein Begehren als eitel erkannt.

Statt daß er die Pforte des Islams zerschellt,
war Schmach und Vernichtung der Preis, den er fand.

Drum preise knieend, o Reschad, den Herrn:
Er schütze den Islam! Er segne dies Land!

Leider fehlt bis heute eine deutsche Biographie über diesen vielseitig gebildeten Sultan im Schatten jenes jungtürkischen Triumvirats (Enver Pascha, Talat Pascha, Cemal Pascha), das das Osmanische Reich mit seiner skrupellosen und waghalsigen Politik in den Ersten Weltkrieg und in den Untergang führte.

Sultan Mohammed V. Reşad stellte sich den eigentlichen Machthabern nicht entgegen. Er begnügte sich mit der repräsentativen Rolle des konstitutionellen Monarchen und versuchte das zerfallende Reich nach Kräften zusammenzuhalten. Wohl entgegen seiner persönlichen Überzeugung verkündete er im November 1914 den Eintritt des Osmanischen Reiches an der Seite der Mittelmächte in den Ersten Weltkrieg und proklamierte den Heiligen Krieg.

Am Ende seiner Regierungszeit erlebte der osmanische Hof dann noch einmal zwei glanzvoll inszenierte Staatsbesuche – im Oktober 1917 empfing der Sultan den deutschen Kaiser Wilhelm II. und im Mai 1918 das österreichische Kaiserpaar Karl und Zita.

Mehmed V. Reşad starb am 3. Juli 1918 im Yıldız-Palast. Seine eindrucksvolle nach Plänen des Architekten Mahmud Kemaleddin – der seine Ausbildung zum Teil an der Technischen Hochschule in Charlottenburg bei Berlin absolviert hatte – errichtete Türbe befindet sich in Eyüp am Goldenen Horn.

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