Start Panorama Ausland "Islam-Landkarte" Österreich: Muslimische Einrichtungen werden unter Generalverdacht gestellt

"Islam-Landkarte"
Österreich: Muslimische Einrichtungen werden unter Generalverdacht gestellt

In Österreich listet die regierungsnahe Dokumentationsstelle "Politischer Islam" muslimische Einrichtungen. Damit werden sie unter Generalverdacht gestellt – in einem schon immer muslimfeindlicheren Klima. Spielte Deutschland dabei eine Vorreiterrolle und was haben Identitäre, Rechtsextreme und Antifa gemeinsam?

(Beispielfoto: nex24)
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Ein Gastkommentar von Nabi Yücel

In Österreich listet die regierungsnahe Dokumentationsstelle „Politischer Islam“ muslimische Einrichtungen. Damit werden sie unter Generalverdacht gestellt – in einem schon immer muslimfeindlicheren Klima. Spielte Deutschland dabei eine Vorreiterrolle und was haben Identitäre, Rechtsextreme und Antifa gemeinsam?

Die Kritik an der schon nach ihrer Vorstellung heftig kritisierten „Islam-Landkarte“ der regierungsnahen Dokumentationsstelle „Politischer Islam“ reißt nicht ab. Die österreichischen Grünen haben sich distanziert, die SPÖ und NEOS sowie die evangelische Kirche üben seitdem scharfe Kritik.

Der Rektor der Universität Wien, Heinz Engl, hat der Dokumentationsstelle seit Veröffentlichung der „Islam-Landkarte“ bereits untersagt, das Logo der Universität Wien zu nutzen. Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) erklärte, die „Islam-Landkarte“, die nach dem Anti-Terror-Paket in Angriff genommen wurde, zeuge erneut von der „evidenten Absicht der Regierung, pauschal alle in Österreich lebenden Muslime und Musliminnen als potenzielle Gefahr zu stigmatisieren“.

Und nun könnte die sogenannte „Islam-Landkarte“ auch rechtliche Folgen nach sich ziehen, weil die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) dagegen klagen will.

Auf der Karte sind 623 muslimische Organisationen, Verbände und Moscheen mit ihrem jeweiligen Hauptsitz in Österreich eingezeichnet. Ferner werden namentlich die Vertreter erwähnt, werden die Präferenzen der Organisationen aufgelistet. Erstellt wurde sie im Auftrag einer Dokumentationsstelle „Politischer Islam“, die 2015 als unabhängiger Fonds von der österreichischen Regierung gegründet wurde.

Nicht ohne Grund befürchten viele Experten, dass die „Islam-Landkarte“ den bereits vorherrschenden Generalverdacht festigt, als Steilvorlage für extremistische Gruppen dienen könnte. Tatsächlich erinnern solche Landkarten an ähnliche Karte, die die rechtsextreme Identitäre Bewegung im vergangenen Jahr erstellt hat. Diese hatte Sicherheitskräfte des Landes dazu aufgerufen, „islamistische Gefährder“ zu melden. Auch hier wurden Namen und Adressen öffentlich zugänglich im Rahmen einer „Gefährder Map“ veröffentlicht.

Eine andere Landkarte, die von der Neonazipartei „Dritter Weg“ im Jahr 2015 erstellt wurde, erfasste sämtliche Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland unter dem Stichwort „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“.

Jetzt stießen Vertreter muslimischer Organisationen auf eine weitere Landkarte, in der islamische Organisationen verzeichnet sind. Unterhalten wird die „Islamism Map“ von der sogenannten „Recherchegruppe Kassel“ der „Antifaschistischen Aktion“, kurz Antifa. Darin sind sämtliche Moscheegemeinden und islamische Organisationen in Nordhessen aufgelistet. Dabei werden nach eigenen Angaben „regionale Nachrichten“ und „Islamexpertinnen“ als Quelle der Inspiration genannt, darunter aber auch das „Bündnis gegen Antisemitismus Kassel“, „Junges Forum der DIG Kassel“, „Migrantifa Kassel“, „Raccoonsantifa“ sowie der „Verband der Studierenden aus Kurdistan (YXK)“.

(Screenshot: http://rgkassel.blogsport.eu/islamism-maps-kassel/)

Begründet wird die „Islamism Map“ mit der Notwendigkeit, im „Dschungel des Islamismus“ eine Handreichung darzubieten, mit der sich Akteure der Thematik „annehmen“ könnten.

Wie Akteure dies aber aufgefasst und verwertet haben könnten, steht in den Sternen. Fest steht, das in Nordhessen innerhalb weniger Jahre mehr als ein Dutzend Moscheegemeinden Ziele von Angriffen wurden. Ob man damit nur „die hohle Fassade des legalistischen Islamismus einreißen“ wollte, wie man selbst vorgibt, sei mal dahingestellt. Eine Ähnlichkeit zwischen Rechtsextremen, Identitären oder der Antifa ist aber nicht von der Hand zu weisen.


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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