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Jerusalem-Krise
Kommentar: Deutschland steckt in einer Antisemitismus-Blase

In Jerusalem und in weiten Teilen Israels gehen Palästinenser und Juden sich wieder einmal gegenseitig an die Gurgel. Wenn das seit Jahrzehnten mehrmals passiert und beide Seiten keine einvernehmliche Lösung finden, müssen sie von einem neutralen Beobachter dazu gezwungen werden oder totale Zerstörung erfahren. Offenbar hat man es darauf abgezielt, sich gegenseitig auszulöschen.

(Foto: pixa)
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Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel

In Jerusalem und in weiten Teilen Israels gehen Palästinenser und Juden sich wieder einmal gegenseitig an die Gurgel. Wenn das seit Jahrzehnten mehrmals passiert und beide Seiten keine einvernehmliche Lösung finden, müssen sie von einem neutralen Beobachter dazu gezwungen werden oder totale Zerstörung erfahren. Offenbar hat man es darauf abgezielt, sich gegenseitig auszulöschen.

Wer den Konflikt losgetreten hat, wer zuerst da war oder nicht, das ist doch längst nicht mehr relevant, sofern diese komplexen und nicht lösbaren Fragen die Gewalt vorantreiben. Bemerkenswert ist aber, dass die Rolle des neutralen Beobachters niemand einnehmen will, vor allem nicht Deutschland, die sich auf die Fahne „Nie wieder!“ geschrieben hat. Stattdessen herrscht in Deutschland eine noch nie dagewesene einstimmige Parteinahme, die an vergangene Zeiten erinnert.

Verstehen wir uns nicht falsch, aber etliche nichtdeutsche deutschsprachige Medien in Österreich oder der Schweiz sind im Hinblick auf die gegenwärtige Gewaltwelle in Israel überaus objektiver und informativer, wollen und können auch Licht ins komplexe Thema halten. Auch über dem Atlantik herrscht keine Einigkeit in der Schuldfrage, weshalb man als Außenstehender auch dort überaus gut informiert wird.

Aber seltsamerweise hat sich über Deutschland eine große irritierende Blase niedergelegt, eine Parallelwelt in der alles gleichgeschaltet agiert. Diese Blase vereinnahmte Deutschland erst mitten in einer längst im Gang befindlichen Eskalationsspirale in Israel, die daraufhin in Deutschland eine Empörungswelle ausgelöst hat. Und merkwürdigerweise gilt die Empörung einerseits jenen Gesellschaftsschicht, die Tage zuvor auf eine aufsteigende Gewaltspirale aufmerksam machten und andererseits auf eines der Parteien des Konflikts. Der Staat Israel, Netanjahu, die kommen dabei merkwürdigerweise ganz gut weg!

Pardon, aber ist der Zug nicht längst abgefahren, um noch schnell in die Gewaltspirale einzusteigen? Bewegt man sich nicht auf sehr dünnem Eis, wenn man willkürlich irgendwo aufspringt und ein Drama drum veranstaltet, warum die Palästinenser austicken, weshalb die israelische Regierung so agieren müsse?

Spulen wir doch kurz wieder zurück, zum Anfang der Gewaltspirale in Israel, bevor die Blase sich über Deutschland niederlegte und das Volk in der Ahnungslosigkeit versunken war:

In einer Pogromstimmung wurden Dutzenden Palästinensern in einem Viertel von Ostjerusalem Gewalt und Vertreibung angedroht – von der Justiz, Regierung und Siedlern. Nur wenig später stürmten israelische Polizeischergen eines der heiligsten Stätten der Muslime auf dem Tempelberg, schossen Gummigeschosse sowie Blend- und Rauchgasgranaten in die Moschee hinein, knüppelten betende Kinder und Alte zusammen, hinderten die Menschen daran, in einer der heiligsten Nächte des Islams zu beten.

Am Abend darauf loderten Flammen auf dem Vorplatz der Al Aqsa, weithin sichtbar am Fuße des Tempelbergs, vor der Klagemauer. Dort tanzten Tausende fanatische Israelis im Glauben, die Al Aqsa brenne, während sie dabei ein abgrundtief amoralisches Lied nach der anderen einstimmten. Und angesichts dieser Pogromstimmung, angesichts von Bildern, die sich tief in das kollektive Gedächtnis von Palästinensern und Muslimen auf der ganzen Welt einbrannten, da erwachten die deutschen Wortführer und ihre deutschtürkischen Helfer auf einen Fingerschnippen hin auf und besitzen seitdem die Chuzpe, von Muslimen in Deutschland Solidarität mit Israel einzufordern? Gehts noch?

Derzeit schieben die deutschen Chefredakteure Überstunden, um die eigenen Federhalter und Tastaturhelden zum Thema „Gewalt gegen Israel“ zu puschen und unter Kontrolle zu halten, damit ja keiner aus der Reihe tanzt. Sogar Hausmeister scheinen davon angesteckt worden zu sein, weshalb sie fleißig dabei sind, die Rathäuser der Republik mit israelischen Fahnen zu schmücken. Prominente und auch eine Migrationsdeutsche geben sich im Kampf gegen die sogenannte „Gewalt gegen Israel“ die Klinke in die Hand, um die Schuldfrage konkret zu verorten.

Sorry, aber das nimmt euch keiner mehr ab. Diese Verlogenheit und zynische Heuchelei Deutschlands wird Muslimen noch lange Zeit im Gedächtnis bleiben, während Deutschland wieder in einen Tiefschlaf versunken ist.


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.


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