Istanbul – Der armenische „Patriarch von Konstantinopel“, Sahag Maschalian, hat die Instrumentalisierung der Ereignisse von 1915 im Osmanischen Reich scharf verurteilt.
„Es macht uns traurig zu sehen, dass das Leiden unseres Volkes und das Leiden unserer Vorfahren von einigen Ländern für tagespolitische Zwecke instrumentalisiert wird“, so Maschalian in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Anadolu.
Seit Jahrzehnten schon werde das Thema in den Parlamenten anderer Länder ausgeschlachtet und politisch instrumentalisiert. Dies habe bisher bloß zu Spannungen geführt und einer Annäherung nicht gedient., so Maschalian.
„Im Gegenteil, sie provoziert feindliche Gefühle und verzögert den Frieden“, sagte er. Er betonte, dass die Freundschaft und Aufrichtigkeit zwischen der türkischen und armenischen Nation gestärkt werden müsse. Unter diesen Bedingungen würde auch die Bewertung der historischen Ereignisse viel konstruktiver und zufriedenstellender sein. Er fügte hinzu, dass von Drittländern ein ermutigender Beitrag in dieser Richtung erwartet werde.
„Wir werden, genau wie unsere Vorgänger und verstorbenen Patriarchen, weiterhin Frieden, Freundschaft und Wohlergehen zwischen Türken und Armeniern wünschen. Wir werden den raschen Wiederaufbau der Beziehungen auf der Grundlage von Nachbarschaft und Gemeinsamkeiten fördern“, erklärte der Geistliche weiter. In Anbetracht ihrer geografischen Lage und historischen Erfahrungen seien Armenien und die Türkei als Nachbarländer dazu bestimmt zu koexistieren.
„Wir ziehen es vor, zu denjenigen zu gehören, die hoffnungsvoll die Wiederbelebung der nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien erwarten, die für diese Länder einzigartig sind und in den Traditionen der beiden Gemeinschaften bestehen“, fügte er hinzu.
„Der verehrte Recep Tayyip Erdogan ist in seiner Zeit sowohl als Ministerpräsident als auch als Staatspräsident der einzige hohe Staatsbeamte in der Geschichte der Türkischen Republik, der Botschaften zu diesem Anlass überbringt“, sagte Maschalian. „Diese Botschaften zeigen einen Geist, der unseren Schmerz teilt und einen gewissen Respekt für die Kinder unserer Nation, die ihr Leben im Exil verloren haben.“
Dies solle man als als positive Schritte in Richtung einer zukünftigen Annäherung sehen.
„Wenn nur die gemeinsame Geschichtskommission, die sie vorgeschlagen haben, hätte eingerichtet werden können, dann wären mindestens 15 Jahre Fortschritt gemacht worden. Wenn nur die Abkommensprotokolle hätten umgesetzt werden können, dann hätte man die Grenzen öffnen können. Dann hätte die Lösung für Karabach anders ausfallen können“, fuhr er fort. Es sei jedoch noch immer nicht zu spät.
„Das Projekt zum Aufbau eines Sechs-Länder-Beckens, das unser Präsident für den Kaukasus vorgeschlagen hat, kann den Gemeinden in der Region den Frieden des Jahrhunderts bringen.“
Bei einem Staatsbesuch in Aserbaidschan im Dezember hatte Erdogan in einer bedeutungsvollen Geste des Friedens in einer Rede eine mögliche Öffnung der Grenzen zu Armenien angekündigt.
„Wir hegen keinen Groll gegen das Volk von Armenien. Das Problem ist mit der armenischen Regierung. Über 100.000 Armenier leben in meinem Land“, betonte Erdogan.
Erdogan erwähnte in seiner Rede einen Plan für einen „Sechs-Nationen-Block“. Auch Russland befürworte dieses Vorhaben.
„Russland, die Türkei, Aserbaidschan, Iran, Georgien….Armenien könnten in diese Plattform einbezogen werden“, so der türkische Staatschef damals.
Der Kommunikationsdirektor der Türkei, Fahrettin Altun, stimmte den Äußerungen Maschalians mit einer Erklärung in den sozialen Medien zu:
„Sahak Mashalian, der armenische Patriarch der Türkei, hat treffend festgestellt, dass vergangenes Leid nicht für kurzfristige politische Gewinne ausgenutzt werden darf“, so Altun „Wir werden weiterhin friedlich und als Brüder und Schwestern in diesem Land zusammenleben“, fügte er hinzu.
„Gemeinsam sind wir die Türkei“, bemerkte Altun
Der türkische Präsidentensprecher Ibrahim Kalin unterstützte Maschalians Äußerungen auf Twitter mit den Worten: „Die Geschichte für eine enge politische Agenda zu missbrauchen, hilft weder der Vergangenheit noch der Gegenwart.“
„Wir werden nicht zulassen, dass jemand unseren gemeinsamen Schmerz und unsere gemeinsame Geschichte manipuliert“, fuhr er fort.
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– Istanbul –
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