André Shepherd entzog sich seinem Dienst in der US-Armee, um nicht nochmals im Irak-Krieg eingesetzt zu werden, und stellte 2008 in Deutschland einen Asylantrag – der abgelehnt wurde. Seither klagt er sich durch deutsche und europäische Instanzen, um auch über seinen Fall hinaus klarzustellen, dass alle Soldaten, die sich durch Desertion völkerrechtswidrigen Handlungen entziehen, ein Anrecht auf Schutz haben. Dafür erhält er den Menschenrechtspreis der STIFTUNG PRO ASYL.
„Es ist Zeit für uns aufzuwachen und die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist, indem wir unsere eigenen Köpfe gebrauchen.“ Mit diesen Worten ermutigte André Shepherd vor einiger Zeit in einem Brief seine Unterstützerinnen und Unterstützer.
„Ich musste raus aus dem Militär“
André Shepherd war ab 2004 Mechaniker für Kampfhubschrauber im Irakkrieg. Nachdem seine Einheit an ihren Standort nach Deutschland zurückkehrte, setzte er sich intensiv mit dem Krieg im Irak und dem Vorgehen gegen die dortige Zivilbevölkerung auseinander. Als Shepherd 2007 erneut in das Kriegsgebiet abkommandiert werden sollte, desertierte er. „Schließlich wusste ich, wenn ich noch einmal in den Irak gehe, werde ich für den Tod und das Elend anderer verantwortlich sein. Für mich war daher der Weg eindeutig: Ich musste raus aus dem Militär“, so Shepherd. In den USA drohte ihm jedoch, als Deserteur verurteilt und bestraft zu werden. Am 26. November 2008 beantragte André Shepherd daher Asyl in Deutschland.
Das Bundesamt lehnt den Asylantrag ab
In seinem Asylverfahren beruft sich Shepherd auf eine EU-Richtlinie, mit der Personen geschützt werden sollen, die sich völkerrechtswidrigen Kriegen oder Handlungen entziehen und deswegen mit Verfolgung rechnen müssen. Nach seiner Überzeugung war der Krieg, den die Vereinigten Staaten gegen den Irak führten, völkerrechtswidrig. Auch einfache Soldaten müssten unter diesen Umständen Rechenschaft für ihre Handlungen ablegen, so seine Überzeugung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte André Shepherds Asylantrag 2011 ab. Er klagte gegen die Entscheidung: „Ich bin nach wie vor nicht bereit, mich an einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beteiligen und halte es für mein Recht, dies ohne Strafandrohung zu verweigern.“
Last des Präzedenzfalls
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Jahr 2015, das viele Fragen offen ließ, wird das Verfahren nun am Verwaltungsgericht München weitergeführt. André Shepherd, der seit vielen Jahren von Connection e.V., einer Hilfsorganisation für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, begleitet wird und dessen Verfahren PRO ASYL aus seinem Rechtshilfefonds unterstützt, trägt die Last des Präzedenzfalls. Ein asylrechtlicher Schutz für den Deserteur hätte international große Bedeutung.
Menschenrechtspreis von PRO ASYL
Durch seinen beharrlichen Widerstand hat André Shepherd seine bürgerliche Existenz in den USA aufs Spiel gesetzt. Doch obwohl er selbst mittlerweile anderweitig aufenthaltsrechtlich gesichert ist, kämpft er bis heute weiter für seine Überzeugung, dass Menschen, die sich völkerrechtswidrigen Kriegen oder Handlungen entziehen, ein Recht auf Schutz haben. Dies macht ihn zu einem Vorbild für Unbeugsamkeit und Humanität.
DIE STIFTUNG PRO ASYL würdigt ihn mit der PRO ASYL-Hand 2015. Die Veranstaltung zur Preisverleihung findet am Samstag, dem 12. September 2015 im Haus am Dom in Frankfurt am Main statt.
Erschienen auf proasyl.de