Ein Gastkommentar von Kemal Bölge – kboelge@web.de
Die türkische Armee hatte nach dem Luftangriff des syrischen Regimes auf eine türkische Einheit im syrischen Idlib mit massiven Vergeltungsaktionen reagiert.
Dem syrischen Angriff fielen 33 türkische Soldaten zum Opfer. Wie war die Reaktion der deutschen Medien zu diesem Vorfall?
Zum besseren Verständnis soll exemplarisch ein Artikel näher erläutert werden. Auf der Website von tagesschau.de lautet der Titel zu dieser Meldung:
„Luftangriff tötet 33 türkische Soldaten“
Im Untertitel heißt es:
„Bei einem Luftangriff im syrischen Idlib sind 33 türkische Soldaten getötet worden. Die Türkei griff daraufhin syrische Regierungstruppen an und forderte die Unterstützung der NATO. Andernfalls werde man Flüchtlingen die Grenze öffnen.“
Zuerst wird schlagzeilenträchtig der Tod von 33 türkischen Soldaten gemeldet und daraufhin hätte die türkische Armee „syrische Regierungstruppen“ angegriffen. Die Türkei hätte die Unterstützung der NATO gefordert, sonst würde man die Grenzen für die Flüchtlinge öffnen.
Was ist an diesem Artikel über den syrischen Luftangriff auf türkische Soldaten auszusetzen? Hier wird ein Angriff auf die türkische Armee als „Top-Schlagzeile“ veröffentlicht und gleichzeitig auf die Forderung der türkischen Regierung nach NATO-Unterstützung hingewiesen.
Im Nebensatz wird auf eine angebliche Drohung nach Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge hingewiesen. Wer diese Meldung in dieser Form liest, glaubt tatsächlich, dass die türkische Regierung die NATO um Unterstützung gebeten hat und wenn die Unterstützung nicht gewährt würde, die Grenzen für Flüchtlinge geöffnet wird.
Die Kommentare und Meldungen aus der Presse gehen sogar so weit ausgerechnet Präsident Erdoğan in der Flüchtlingsfrage Erpressung vorzuwerfen. Die interessante Frage wäre, welche Seite sich nicht an das Flüchtlings-Abkommen zwischen der EU und der Türkei gehalten hat.
Beide Seiten hatten 2016 eine Vereinbarung unterzeichnet und Ankara hatte sich darin verpflichtet über ihre Grenzen keine Flüchtlinge in die EU zu lassen und falls Flüchtlinge es doch bis Griechenland geschafft haben sollten, aber kein Recht auf Asyl besaßen, wieder zurückzunehmen.
Das Ergebnis: Der Flüchtlingsstrom in die EU wurde im Wesentlichen gestoppt.
Die Türkei hat ihren Teil des Vertrags mit der EU eingehalten, aber die Europäische Union hat Vertragsbruch begangen, weil zum einen die zugesagten Milliarden Euro für die Flüchtlingsunterkünfte nicht in vollem Umfang gezahlt wurden und zum anderen Reiseerleichterungen für türkische Staatsbürger, also die Visafreiheit nie umgesetzt wurde, obwohl es zugesagt war.
Die Türkei hat für die Unterbringung der syrischen und anderer Flüchtlinge bis heute über 40 Milliarden Euro ausgegeben und einige deutsche Zeitungen behaupten noch immer die Türkei wolle die zugesagten, aber nicht ausgezahlten Finanzhilfen direkt in den türkischen Staatshaushalt einfließen lassen.
Ferner sind die EU-Finanzmittel projektgebunden. Jetzt stellen sich einige deutsche Medien hin und behaupten die Türkei würde die EU erpressen. Die meisten deutschen Zeitungen verschweigen die Fakten zum EU-Türkei Flüchtlingspakt und Ankara wird unisono als „Erpresser“ und der türkische Präsident Erdoğan als „unglaubwürdig“ beschrieben.
Nicht anders verhalten sich die gleichen Medien, wenn es um die Berichterstattung über das Kriegsgeschehen in der syrischen Provinz Idlib geht. Fast alle Pressemedien stellen die Türkei und die türkische Armee negativ dar und wenn die türkische Armee in den letzten Tagen militärische Erfolge vorzuweisen hat, wird das einfach ignoriert oder mit dem Zusatz „nach eigenen Angaben hat die türkische Armee“ versehen oder infrage gestellt.
Ich möchte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass man jede Meldung oder Nachricht, die man gelesen hat oder sich im Fernsehen angesehen hat, Glauben schenken sollte. Aber man kann unterschiedliche Print- und Onlinemedien gegenüberstellen und sich dann eine abschließende Meinung bilden.
Dieser Kommentar gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.
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