von Kemal Bölge
Seine raue Stimme war sein Markenzeichen. Heute vor 20 Jahren starb der Mitbegründer des Anadolu-Rock , des Anatolischen Rock, Cem Karaca.
Sein aserbaidschanischer Vater wollte, dass er Diplomat wird, aber für Cem Karaca war Musik stets eine Leidenschaft. Nach dem Abitur gründete er eine Band und spielte in kleiner und großer Runde. Sein Talent entdeckte seine armenischstämmige Mutter, Toto Karaca, alias Irma Felegyan, die Theaterschauspielerin war.
Es ist das Jahr 1962, als Karaca auf Wunsch von Freunden im Sportklub von Beyoğlu ein paar Lieder singt. Zwei Jahre später gründet er die Band „Dinamikler“ und 1965 nimmt dieser als „Cem Karaca und Jaguarlar“ an dem Musikwettbewerb des Goldenen Mikrofons (Altın Mikrofon) teil, scheiden aber vorzeitig aus.
Wenige Tage nach seiner Heirat mit der Schauspielerin Semra Özgür muss der Musiker zum Wehrdienst nach Antalya und dort lernt er die anatolische Kultur näher kennen. Bis zu diesem
Zeitpunkt dreht sich bei Karaca vieles um Rockmusik, aber er experimentiert und vermischt westliche Elemente mit der anatolischen Musik.
Er gilt nicht umsonst als der Mitbegründer des „Anadolu-Rock“, und 1967 will Karaca es wissen und tritt mit der Musikgruppe „Apaşlar“ erneut beim Wettbewerb des Goldenen Mikrofons auf. Diesmal schafft er mit seiner Band den zweiten Platz und damit gelingt ihm musikalisch der endgültige Durchbruch. Mit der Gruppe „Moğollar“ feiert Cem Karaca große Erfolge, bis das Bandmitglied Cahit Berkay beschließt, die Musikkarriere in Frankreich fortzusetzen. Karaca verlässt die Band Moğollar und schreibt politische Lieder, die ihm später zum Verhängnis werden.
Ein Album zum 1. Mai schmeckt dem politischen Establishment nicht, das wegen angeblicher „kommunistischer Propaganda“ wieder vom Markt genommen werden muss. Nach dem Putsch des türkischen Militärs 1980 flieht der Künstler wie viele andere ins Ausland,
Karaca zieht es nach Deutschland. Im Land der Dichter und Denker schreibt und singt Karaca viele Songs, auch auf Deutsch. Während seiner Zeit in Deutschland veröffentlichte Karaca das Album „Die Kanaken“, in dem er die Integrationsdebatte mit Ironie kommentierte. In dem Lied „Willkommen“ sang der Musiker: „Komm Türke – trink deutsches Bier/ mit Prost wird Allah abserviert/und du ein Stück integriert.“
Eine Amnestie des früheren Premierministers Turgut Özal ermöglicht Karaca 1987 die Rückkehr in die Türkei. In seinem Song „Ben bir ceviz ağacıyım Gülhane Parkı’nda“ („Ich bin ein Wallnussbaum im Gülhane Park“) singt Karaca über einen Wallnussbaum im Gülhane Park.
Hier ein Auszug aus dem Lied:
„Ben bir ceviz ağacıyım Gülhane Parkı’nda
Yapraklarım suda balık gibi kıvıl kıvıl
Yapraklarım ipek mendil gibi tiril tiril
Kopar ver, gözlerinin gülüm yaşını sil“
Übersetzung:
„Ich bin ein Walnussbaum im Gülhane Park
Meine Blätter kräuseln sich wie ein Fisch im Wasser
Meine Blätter sind wie seidene Taschentücher
Gib sie mir, wisch dir die Rosentränen aus den Augen“
Der Musiker ist voller Tatenkraft und veröffentlicht im selben Jahr das Album „Merhaba Gençler ve Her Zaman Genç Kalanlar“ („Hallo junge Leute und die, die immer jung bleiben“). Es gilt als das meistverkaufte Album des Jahres 1987. Aus Solidarität mit dem Leid und den Massakern an den bosnischen Muslimen, reist Cem Karaca mit anderen Musikern und Künstlern 1995 nach Bosnien-Herzegowina, um seine Unterstützung hervorzuheben. Wegen eines Herzinfarkts wird Karaca am frühen Morgen des 8. Februar 2004 in ein Krankenhaus in Istanbul eingeliefert, wo er im Alter von 59 Jahren verstirbt.