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Kommentar
Habeck – Auf der Latrine mit Erdogan und Katar

Im römischen Reich wurden auf der Latrine doppelte Geschäfte gemacht. Das natürliche sowie das politische. Derzeit sitzt Habeck zwischen Erdogan und Katar.

(Archivfoto: AA)
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Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel

Im römischen Reich wurden auf der Latrine doppelte Geschäfte gemacht. Das natürliche sowie das politische. Derzeit sitzt Wirtschaftsminister Robert Habeck zwischen Erdogan und Katar. Es geht um die kurzfristige Aufrechterhaltung der Energiesicherheit Deutschlands. Das Private hat Habeck noch nicht im Griff, aber bald!

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck steckt in seiner dringlichen Mission, die Abhängigkeit vom russischen Gas gegen null zu drücken, in einem Dilemma. Noch immer ist ein Deal mit Katar über einen Liefervertrag für Flüssiggas nicht unter Dach und Fach. Katar hat einige Bedingungen und sitzt am längeren Hebel.

Habeck hat es aber in vielerlei Hinsicht nicht einfach. Die Moralkeule, die man in den früheren Jahren gegen sogenannte illiberale Nationen wie Katar geschwungen hat, gerät aus dem Gleichgewicht und droht auf die eigene Wirtschaft wie auch die neu erkämpfte Regierungsbeteiligung zu fallen. Katar weiß das, Erdogan auch.

Das Erdgasfeld Leviathan

Erst kürzlich besuchte der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog nach über 15 Jahren Eiszeit als erster israelischer Offizieller Ankara, um mit dem türkischen Staatspräsidenten auch über die gemeinsamen Interessen bei der Gasversorgung zu sprechen. Dabei geht es vor allem um das Erdgasfeld Leviathan im östlichen Mittelmeer. Ankara würde sich gern unabhängiger von Russland, aber auch vom Iran machen, setzt dabei unter anderem auf Leviathan.

Gasfelder Khor Mor und Chemchemal

Ankara setzt aber auch auf die kurdische Autonomieregion im Nordirak sowie auf deren Gasfelder Khor Mor und Chemchemal. Der Deal mit der Autonomiebehörde im Nordirak zeigt sich auch in den Gegenleistungen, wovon Ankara doppelt profitiert: Ankara sorgt dafür, dass die völkisch-kurdische PKK im Nordirak keine Gefahr mehr für die Autonomieregierung darstellt, in dem sie sich tief im Nordirak festsetzt und Operationen durchführt. Andererseits sorgt Ankara damit auch für mehr innere Sicherheit gegenüber dieser Terrororganisation.

(Grafik: TRT)

Katar und Erdogan

Erdogan verfügt bis heute über ausgezeichnete Beziehungen zu Katar, als andere noch die Nase rümpften, das Emirat als Quell des Terrorismus bezeichneten oder auf einen Boykott gegen die WM 2022 setzten.

Katar hat Gas, jedoch nicht in dem Umfang, wie Russland sie derzeit liefert. Die Steigerung der Produktion seitens Katar, begründet auch die Forderung nach einer längeren Vertragsbindung als einer kurzen, die Habeck gern hätte, um die Klimaziele nicht zu gefährden. Aber Katar würde von kürzeren Laufzeiten, wie sie Habeck durchsetzen will, nicht profitieren, weil das Emirat erst einmal viel investieren müsste.

Die Türkei würde investieren, um auch die eigene Grundversorgung aufzustocken, weil der Mehrbedarf jährlich steigt. Aber auch Ankara, insbesondere Erdogan, hat unausgesprochene Bedingungen, die Berlin sehr wohlbekannt sind und deshalb Kopfzerbrechen bereiten. Und so sitzt Habeck zwischen zwei möglichen Grundversorgern, die untereinander einerseits privates bereden und andererseits Geschäfte treiben.

Die Welt da draußen ist gegenüber Habeck unerbittlich

Die Welt ist unerbittlich und hart. Hart waren die Vorwürfe Berlins gegenüber Ankara. Ankara saß das bislang aus, um die Gunst der Stunde abzuwarten. Inzwischen haben sich die Verhältnisse grundlegend gewandelt. Ankara steht wieder als Gesprächspartner an vorderster Front. Ankara reagiert auf die neuen Bedürfnisse Deutschlands und winkt bereits als Retter in der Not – noch viel mehr als Katar.

Ankara ist aber genauso unerbittlich wie Katar. Ankara sitzt am weitaus längeren Hebel, zumal die Türkei als Transitland, als Energiehub alle Voraussetzungen erfüllt, um Europa schnell und günstig mit Gas von israelischen Gasfeldern, mit Gas aus aserbaidschanischen oder nordirakischen Gasfeldern zu versorgen.

Eins steht fest: Was auch Habeck tut, es wird teuer! Wie teuer, liegt an Habeck und der Bundesregierung. Vor allem daran, wie man sich nach dem viel Porzellan zerschlagen gegenüber der türkischen Regierung, explizit Erdogan verhält. Noch sträubt sich Habeck, offen auf Erdogan einzugehen, aber die Zeit verrinnt und der Durchhaltewillen in Deutschland schwindet. Wie wird Habeck das dem Wahlvolk verkaufen?


Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar. Kontakt: yuecelnabi@hotmail.de


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