Berlin – Der Botschafter Katars in Deutschland wirft dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil mit Blick auf die Fußball-WM im Winter „Doppelmoral“ vor. Die kritischen Äußerungen des 43-Jährigen und des Sprechers für Menschenrechte und humanitäre Hilfe der SPD-Bundestagsfraktion, Frank Schwabe, dienten „politischen und persönlichen Zwecken“ und seien daher inakzeptabel, so Scheich Abdullah bin Mohammed bin Saud Al Thani in einer Pressemitteilung.
In einem Interview mit der FAZ hatte Klingbeil gesagt, nach den Olympischen Winterspielen in Peking auch der Fußball-WM in Katar fernzubleiben. Er halte die Vergabe der beiden großen Sportereignisse nach Katar und China im Grundsatz für falsch. Man müsse dafür sorgen, dass man die „entsprechenden Botschaften sendet“. Mit Blick auf die WM im November und Dezember müsse man auf die Situation der Frauen in Katar sowie die Arbeitsbedingungen rund um die WM hinweisen.
Katars Botschafter Scheich Abdullah bin Mohammed bin Saud rief die Abgeordneten dazu auf, „sich auf zuverlässige Informationsquellen zu berufen, bevor Aussagen getroffen werden, die nicht die Realität widerspiegeln“. Zudem empfiehlt er ihnen, die jüngsten Berichte internationaler Organisationen, wie beispielsweise der „Internationalen Arbeitsorganisation“ und des „Internationalen Bundes der Bau- und Holzarbeiter“, zu lesen. Diese dokumentierten die Fortschritte, die der Staat Katar in den vergangenen Jahren erreichen konnte. Dafür hätten einige andere Länder Jahrzehnte gebraucht.
Al Thani verwies ferner auf den jüngsten Bericht des „Ausschusses für Kultur, Wissenschaft, Bildung und Medien der Parlamentarischen Versammlung des Europarates“:
Dieser bezieht sich auf die vom Staat Katar eingeführten Reformen im Bereich des Arbeitsrechts zur Sicherstellung der Arbeitnehmerrechte, einschließlich der Einführung des Mindestlohns, welcher mehr als 400.000 Arbeitern unmittelbar zufloss und dazu beitrug, über 96 Prozent der Arbeiter vor Lohnverstößen zu schützen. Hinzu kommen die Abschaffung des Kafala-Systems und die Freiheit des Arbeitgeberwechsels. Dank der Abschaffung des Kafala-Systems im August 2021 konnten über 242.870 ausländische Arbeitnehmer bis Anfang November 2021 ihren Arbeitsort wechseln.
Überdies habe der Staat Katar ein kostenloses Krankenversicherungssystem für Arbeitnehmer eingeführt. Al Thani hebt in seiner Stellungnahme hervor, dass sich der Staat Katar hinsichtlich des Status und der Arbeitsbedingungen wie auch der Lebensbedingungen ausländischer Arbeiter, zu „einem Vorbild für die Länder der Region entwickelt“ habe.
In Bezug auf den Aufruf der Abgeordneten Klingbeil und Schwabe bezüglich des Status und der Rechte der Frau, auf den Staat Katar Druck auszuüben, äußerte der Botschafter sein Bedauern über „ihre mangelnde Nutzung verfügbarer Informationsquellen zum Status von Frauen in Katar. Offenbar sei ihnen nicht bewusst, dass das katarische Kabinett seit 2002 immer mehr Frauen in Ministerämtern einsetze, was dem Land eine Vorreiterstellung unter den Staaten des Golfkooperationsrates verleihe.
Zudem besetzten Frauen in Katar 31 Prozent der Führungspositionen im Land und über 25 Prozent im Wirtschaftssektor, so Al Thani weiter. Das katarische Gesetz gewähre den Frauen das Recht , im Schura-Rat zu kandidieren und abzustimmen. Das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden des Schura-Rates werde aktuell ebenfalls von einer Frau besetzt. Der Botschafter versicherte zudem, dass die Abgeordneten Klingbeil und Schwabe ausreichende Informationen erhalten hätten, wenn sie auf die vergangenen an sie gerichteten Gesprächsanfragen der Botschaft eingegangen wären.
Auch betont der Botschafter, dass „die Welt eine einzigartige und unverwechselbare Ausrichtung der Weltmeisterschaft erleben werde“. Dies belege nicht zuletzt „die Rekordzahl an Ticketanfragen für die Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft 2022“, die sich auf 17 Millionen Anfragen innerhalb von knapp 20 Tagen beliefen – davon 1,8 Millionen Ticketanfragen allein für das das Endspiel.
Der Botschafter hob zudem den Stolz Katars in Bezug auf seine historischen bilateralen Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland hervor und rief die beiden Bundestagsabgeordneten dazu auf, sich einen Überblick über den außerordentlichen Umfang vieler sicherheitspolitischer, humanitärer und politischer Dossiers zwischen dem Staat Katar und den aufeinanderfolgenden deutschen Regierungen zu verschaffen, „welche der Stabilität, Entwicklung und dem Wohlstand auf der ganzen Welt“ dienten.
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