Luxemburg – Zahlreiche Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), die der Gerichtshof zu den Minderheitenvereinen in Westthrakien gefällt hatte, gehören zu jenen Urteilen, die von Griechenland seit Langem nicht umgesetzt wurden. Zu dieser Einschätzung kommt Yannis Ktistakis, der als Richter am EGMR in Straßburg tätig ist.
Der Professor für öffentliches internationales Recht und internationale Menschenrechte sprach im Rahmen eines Webinars von Sakkula Publishing und des Zentrums für Europäisches Verfassungsrecht. Gegen Griechenland liefen vor dem EGRM 1.445 Klagen und fast die Hälfte davon entfielen auf die Haftbedingungen. Die Prozesse wegen Misshandlungen während der Festnahme und Menschenrechtsverletzungen liege bei 633 Fällen. Bei den übrigen Rechtsstreitigkeiten handle es sich um Artikel zur Europäische Menschenrechtskonvention.
Griechenland unter den ersten zehn mit den meisten Klagen
Athen gehöre zu den zehn Ländern mit den meisten Klagen und in 953 Gerichtsprozessen sei es verurteilt und in 45 Fällen freigesprochen worden. Wenn man diesem Staat ein Zeugnis des EGMR ausstellen würde, sollten als Maßstab nicht die 47 Mitgliedsstaaten des Europäischen Rats herangezogen werden, sondern das Jahr 1981, als Griechenland Mitglied der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft geworden sei. Mit diesen Ländern solle Athen verglichen werden.
Nach Ktistakis gebe es Entscheidungen des EGMR, die das Land seit über 10 Jahren nicht umsetze und diese könne man in 6 Gruppen zusammenfassen. Die Urteile zu den Minderheitenvereinen in Westthrakien gehörten den erwähnten 6 Gruppen, die seit 13 Jahren nicht umgesetzt würden. Aus Sicht Griechenlands bestehe die größte Schwachstelle darin, dass der EGMR es verurteilt habe, aber Athen die Gerichtsentscheidungen nicht umsetze.
Kemal Bölge/Luxemburg
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