Biden trifft Erdogan, um NATO-Gefüge zu kitten
Ein Gastbeitrag von Nabi Yücel
Am Rande des NATO-Gipfels am 14. Juni in Brüssel, werden US-Präsident Biden und der türkische Staatspräsident Erdogan zusammenkommen. Beide Staatsführer schenken sich derweil nichts. Während Biden zum Ausdruck brachte, Ankara verlasse das NATO-Gefüge, das türkische Militär müsse sich im Nordirak zurückhalten, konterte Erdogan, man werde die Sicherheitsinteressen des Landes zu bewahren wissen.
Wie angespannt die Lage ist, brauchen wir nicht breit zu diskutieren. Beide Nationen stehen sich in mehreren Punkten spinnefeind gegenüber. Washington fordert Ankara heraus, die russischen S-400 einzumotten, während Ankara angekündigt hat, über eine weitere zweite russische Luftabwehr-Batterie nachzudenken. US-Präsident Biden übernahm nach der Amtseinführung die Position der armenischen Diaspora und erkannte den sogenannten „Völkermord“ als gegeben an. Ankara gab in einer Protestnote an, es werde zu gegebener Zeit die entsprechende folgenschwere Antwort parat haben.
Washington fordert, dass die Türkei in Nordsyrien und im Nordirak die Füße stillhält. Ankara wird wiederum nicht müde, Washington vor weiteren Waffenlieferungen und finanziellen Zuwendung an die völkisch-kurdische YPG, PKK, SDF zu warnen. Ankara fordert seit Jahren, dass die USA sich der Verpflichtung fügt, Terrorismus allumfassend zu bekämpfen.
Biden verfolgt aufmerksam auch das Parteiverbotsverfahren gegen die völkisch-kurdische Partei HDP in der Türkei, dessen Co-Vorsitzender Selahattin Demirtas in Haft sitzt. Bereits vor Amtsantritt hatte Biden der türkischen Opposition Solidarität und umfangreiche Hilfen zugesichert. Kurz vor dem NATO-Gipfeltreffen in Brüssel und der Zusammenkunft zwischen Biden und Erdogan am kommenden Montag, reichte nun der türkische Chefankläger vom türkischen Kassationshof (Yargitay) beim Verfassungsgericht in Ankara einen neuen Antrag zum Verbot der völkisch-kurdischen HDP ein.
Vor wenigen Tagen wurde bei einer militärischen Operation in Zusammenarbeit mit dem türkischen Nachrichtendienst ein führender Kopf der Terrororganisation PKK neutralisiert. Die Operation fand in der Nähe des sogenannten „kurdischen Flüchtlingscamp Machmur“ statt. Seit Tagen kämpfen kurdische Peschmergas der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak gegen Terroristen der PKK, was zu weiteren Gefechten vor allem rund um das berüchtigte Camp Machmur zur Folge hatte.
Offenbar erhöht Ankara den Druck auf Washington, um vor allem von der Unterstützung der Terrororganisation PKK in Nordsyrien und im Nordirak abzulassen und sich den Verpflichtungen im NATO-Bündnis selbst bewusst zu werden.
Gastbeiträge geben die Meinung der Autoren wieder und stellen nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.
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