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Nürnberg: Frau rast mit Auto auf muslimischen Friedhof

Die türkische Gemeinschaft von Nürnberg beklagt eine fehlende Anteilnahme seitens der Politik und der Gesellschaft, nachdem eine 54-jährige Frau in der Nacht zum Donnerstag mit ihrem Auto in den Südfriedhof fuhr und muslimische Gräber beschädigte. 

v.l.r. Abdurahman Gümrükçü, Aydın Yüksel und Ahmet Can] (Foto: Bülent Bayraktar)
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Nürnberg – Die türkische Gemeinschaft von Nürnberg beklagt eine fehlende Anteilnahme seitens der Politik und der Gesellschaft, nachdem eine 54-jährige Frau in der Nacht zum Donnerstag mit ihrem Auto in den Südfriedhof fuhr und muslimische Gräber beschädigte. 

Wie nordbayern.de berichtet, beschleunigte die Fahrerin ihren Wagen und durchbrach mit einem großen Krach das Eisengatter. Im muslimischen Teil des Friedhofs überfuhr sie Gräber und riss Blumen aus Beeten. Insgesamt seien 43 Gräber zerstört worden, acht davon von Türkischstämmigen, so der Vorsitzende der türkischen Gemeinde Nürnbergs, Bülent Bayraktar, gegenüber NEX24. Zeugen alarmierten gegen 4.30 Uhr über den Notruf die Polizeieinsatzzentrale.

Es gebe jedoch keine Hinweise auf einen fremdenfeindlichen Hintergrund, so Polizeipressesprecher Wolfgang Prehl gegenüber nordbayern.de. Die Nürnbergerin kam aufgrund ihres verwirrten Zustandes in die Bezirksklinik. Die Ermittlungen haben ergeben, dass sie seit längerem psychische Probleme habe, berichtet nordbayern.de weiter.

Türkische Community beklagt mangelnde Anteilnahme

Die türkische Community Nürnbergs und auch Nutzer in sozialen Netzwerken beklagen eine mangelnde Anteilnahme-

Nach dem Vorfall hat tgmn-Vorsitzender Bayraktar mit Vertretern der türkischen Community, die Familienangehörige im Südfriedhof beerdigt haben, die Gräber vor Ort besucht. Die Stimmung ist an diesem kalten, windigen und regnerischer Wintertag betrübt.

Aydin Yüksel lebt seit 39 Jahren in Nürnberg. Seit 2013 liegt die geliebte Ehefrau Fein Yüksel hier.

„Der Friedhof ist ein wichtiges Zeichen, denn er zeigt die Zugehörigkeit zu einem Ort. Wir begraben unsere Verstorbenen in Länder, wo wir gerne leben und weiterhin leben werden. Als ich vom Vorfall erfahren habe, kamen in mir Erinnerungen an das Deutschland der 30er Jahre und ich hatte Angst. Ich denke, dass die türkische Gemeinde bei solchen Vorfällen immer Angst verspürt. Danach habe ich mich mit den Details des Vorfalles beschäftigt. Auch, wenn alle Indizien dafürsprechen, dass die Tat eine geistig verwirrte Frau begangen hat, bin ich in mich gegangen und habe mich gefragt, was wohl passiert wäre, wenn sich dieser Vorfall auf dem jüdischen Friedhof ereignet hätte. Wie wäre die Reaktion der Medien und der Stadtoberhäupter? Wir haben die Morde der Neonazis nicht vergessen. Wir wurden getötet, in Angst versetzt und beschuldigt. Nach den NSU-Morden ist das Vertrauen in die Ermittlungsbehörden angekratzt. Wir leben sehr gerne in dieser schönen Stadt. Wir erwarten von den Verantwortlichen ein Statement in Richtung der türkischen Gemeinde, das alle beruhigt. Das ist unser natürliches Recht. Sie müssen uns überzeugen. Sie sprechen doch ständig von der Integration. Wo bleibt die Reaktion? Wo bleibt die Anteilnahme?“

Abdurrahman Gümrükçü lebt seit 49 Jahren in Deutschland. Im Jahre 2008 hat er einer seiner geliebten Töchter im Alter von 22 Jahren hier im Nürnberger Südfriedhof beigesetzt. Gümrükcü ist langjähriges SPD-Mitglied und Funktionär, Ortsvereinsvorsitzender der SPD Nürnberg Nordost. Er sei im ständigen Kontakt mit dem Oberbürgermeister und dem Oberbürgermeisterkandidaten der SPD Thorsten Brehm.

„Nach dem Vorfall haben mich meine Tochter und meine Frau mich angerufen. Ich bin sofort zum Friedhof geeilt. Es hat mich zutiefst traurig gemacht, dass so etwas in Nürnberg passieren kann. Wir sind ein Teil der Stadt, wir sind überall vertreten. Ich frage mich nach solchen Vorfällen: Warum?! Ich glaube nicht daran, dass die Frau psychologische Probleme hatte. Es ist unmöglich, unbewusst in das hinterste Eck des Friedhofs mit dem Auto einzufahren, um dort die Gräber zu schänden. Die türkische Community tut sich schwer auf dieses Ereignis eine Reaktion zu zeigen. Wir leben seit 58 Jahren in Deutschland, können aber keine 58 Landsmänner zusammenbringen, um den Unmut kundzutun. Ich habe mich gefreut, dass die Friedhofsverwaltung sehr schnell die beschädigten Gräber weitestgehend saniert hat. Früher gab es im Südfriedhof eine bessere Überwachung, doch diese wurde in den letzten Jahren zurückgefahren. Ich verlange, dass die Gräber wieder von einem privaten Sicherheitsdienst besser geschützt werden. Ich hatte erwartet, dass unser Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly den Friedhof besucht und seine Anteilnahme bei unserem Generalkonsul erweist. Er hätte zumindest telefonisch sein Bedauern äußern können. Oder er hätte auch der türkischen Gemeinde kondolieren können. Leider ist all dies nicht geschehen. Vielleicht sind sie auch wegen der Sache im Südpunkt nachtragend. Zeigen Sie wenigstens Respekt gegenüber unseren Toten, wenn Sie schon uns diesen Dienst nicht erweisen!“

Ahmet Can lebt seit 30 Jahren in Nürnberg und musste seinen geliebten Sohn Emir Can in jungen Jahren im Jahre 2013 hier beisetzen.

„Ich war schockiert. Die Verstorbenen sollen in Frieden hier ruhen, egal welche Sprache sie gesprochen haben und welcher Religion sie angehört haben. Ich habe erst nachträglich erfahren, dass muslimische Gräber geschändet worden sind. Die Kinder, Frauen und Eltern von Freunden liegen hier. Lasst sie in Ruhe! Ich möchte, dass die Sicherheitsvorkehrungen erhöht werden. Wir erwarten mehr Pietät von den Deutschen nach solchen Vorfällen.“

Ahmet Can, Abdurrahman Gümrükçü und Aydın Yüksel: „Wir wollen in Ruhe und Frieden in dieser schönen Stadt zusammenleben. Egal welche Hautfarbe, Abstammung oder Religion die Menschen haben.”

Bayraktar: „Die betroffenen Familien wurden nicht kontaktiert. Weiterhin wurde weder eine Repräsentanz einer türkischen noch einer islamischen Gemeinde angeschrieben. Ich treffe mich morgen um 09:30 Uhr mit der BILD-Zeitung am Südriedhof mit einem Angehörigen, der drei Verstorbene an diesem Teil des Friedhofs beigesetzt hat. Die Friedhofsverwaltung spricht vom „Muslimfeld“. Er und seine Familie wurde nicht über die Schändung informiert.“

Nachdem die türkische Tageszeitung Hürriyet über den Fall berichtete, forderten die Leser auch eine Anteilnahme von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und dem Nürnberger Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder.

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