Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter fordert, in Nordsyrien eine humanitäre Zone einzurichten.
Diese müsse in Absprache mit Russland von EU-Kräften geschützt werden, sagte Kiesewetter am Montag im Inforadio vom rbb. Dazu brauche man ein Mandat der Vereinten Nationen. Für die Aufgabe seien 30- bis 40.000 Soldaten nötig.
„Wir müssen bereit sein, europäische Soldaten, darunter auch die Bundeswehr, dorthin zu senden.“ Wichtig seien außerdem Sanitätskräfte, Entwicklungshelfer und Wiederaufbaupersonal. Außerdem müsse eine psychologische Betreuung der Menschen in Nordsyrien sichergestellt werden.
Das wäre ein Zeichen, dass die europäische Union wieder handlungsfähig sei. Außerdem wäre der Einsatz europäischer Soldaten auch ein wichtiges Signal in Richtung USA, dass man sich die Lasten teilen wolle, so Kiesewetter.
Er erwartete von der Politik jetzt konstruktive Vorschläge. Der Aufbau einer militärisch gesicherten Schutzzone sei eine ungeheure Anstrengung für Europa. Aber „wenn wir Europäer uns weiter nicht anstrengen, werden wir zum Spielball. […] Europa ist zum Zaungast geworden, das ist unser eigenes Versagen. […] Wenn wir uns nicht engagieren, werden wir die Auswirkungen massiv auf europäischem Boden zu spüren bekommen.“
Die Sicherheitsinteressen der Türkei müssten jetzt an internationalen Tischen ausgehandelt werden: „Wir haben dazu einen Verhandlungsprozess in Genf, dort wäre der richtige Platz. Das hat die Türkei nicht gewollt und schafft damit neues Unrecht und neues Leid. Hier müssen wir uns auf weitere harte Entwicklungen einstellen.“
Es sei wichtig anzuerkennen, was die Türkei im Rahmen des Flüchtlingsabkommens mit der EU bislang geleistet habe. Das rechtfertige aber nicht, jetzt mit neuem Leid, neuen Vertreibungen und Völkerrechtsbruch zu reagieren: „Denn das schafft ja neue Flüchtlinge. Es sind bereits 200-tausend Menschen auf der Flucht, davon rund 70-tausend Kinder, und die internationalen Hilfsorganisationen haben keinen Zugriff mehr.“
Das schaffe auch neues Leid und neuen Terrorismus, weil hunderte IS-Kämpfer aus Gefängnissen ausgebrochen sind. Diese bedrohten auch unsere Freiheit. Außerdem könnte die Türkei destabilisiert werden. „Das wird der Türkei teuer zu stehen kommen, was sie da macht.“
Gabriel: Türkei-Vorschlag für Flugverbotszone scheiterte damals am Veto vieler EU-Länder
In einem Interview mit der BILD Zeitung äußerte sich der ehemalige Vizekanzler, Außenminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel zur derzeitigen Lage in Nordsyrien und der türkischen Anti-Terror-Offensive gegen die terroristische PKK/YPG.
Der derzeitige Vorsitzende der „Atlantik-Brücke“ sagte, dass die
Fehler in Syrien bereits unter dem ehemaligen US-Präsidenten Barak Obama begonnen hätten. Der damalige US-Präsident hätte die US-Truppen abziehen wollen und habe – um das Vakuum zu füllen – mit der YPG kooperiert.
Der ehemalige SPD-Vizekanzler sagte weiter, dass Obama, trotz aller Dementis, darüber im Klaren gewesen sei, dass damit der syrische Ableger der PKK die Gebiete im Nordosten Syriens kontrollieren würde.
„Dass aber die Türkei niemals einen PKK-Staat an der syrischen Grenze zur Türkei zulassen würde, musste allen Beteiligten klar sein“, so Gabriel gegenüber der BILD.
Zudem unterstrich der ehemalige Außenminister, dass die Türkei es niemals zulassen werde, dass das jetzige Machtvakuum von der PKK/YPG gefüllt wird. Deshalb seien türkische Truppen bereits 2018 in Afrin einmarschiert.
Europa habe zu all dem nichts zu sagen, weil es von Anfang an mit diesem (Bürger-)Krieg nichts zu tun haben wollte. Selbst eine Flugverbotszone über Syrien, wie sie die Türkei vorschlug, um Assad an der Bombardierung des eigenen Volkes zu hindern, scheiterte damals am Veto vieler Europäer – darunter auch Deutschlands und der EU, so Gabriel.
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