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Erdogan zum Arabische Liga-Treffen: EU ist unaufrichtig

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan verurteilte am Dienstag die EU für ihre Treffen mit dem ägyptischen Staatspräsidenten Abdel Fattah al-Sisi und beschuldigte den Staatenbund, unaufrichtig zu sein.

(Archivfoto: tccb)
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Giresun (nex) – Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan verurteilte am Dienstag die EU für ihre Treffen mit dem ägyptischen Staatspräsidenten Abdel Fattah al-Sisi und beschuldigte den Staatenbund, unaufrichtig zu sein.

„Wie soll man mit EU-Staaten, die der Einladung al Sisis gefolgt sind, der erst letzte Woche neun junge Männer hinrichten ließ, über Demokratie sprechen?“, fragte Erdogan während einer Wahlkampfrede in der nordosttürkischen Stadt Giresun.

Letzte Woche haben die ägyptischen Behörden neun junge Männer hingerichtet, die wegen des Mordes bei einem Autobombenanschlag auf den Konvoi eines ägyptischen Generalstaatsanwalt im Jahr 2015 verurteilt wurden. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete die Prozesse als unfair, sie entsprächen nicht rechtsstaatlichen Standards. Die Geständnisse seien unter Folter erzwungen worden. Anfang diesen Monats haben die ägyptischen Behörden zudem sechs weitere Personen in zwei getrennten Fällen, wegen der Ermordung eines Richtersohnes und eines leitenden Polizisten, hingerichtet.

Bei ihrem ersten zweitägigen Gipfeltreffen einigten sich die Mitgliedstaaten der EU und die Arabische Liga auf einen Ausbau der Zusammenarbeit und kündigten eine „neue Ära der Kooperation und Koordination“ an.

Eklat auf offener Bühne

Bei der Abschlusspressekonferenz des Gipfels sei es jedoch zu einem Eklat gekommen.

Auf die Frage, ob sich Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi bewusst sei, dass die EU mit der Menschenrechtslage nicht einverstanden sei, erklärte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Ghait: „Nicht einer der Anwesenden“ habe Unzufriedenheit mit der Menschenrechtslage ausgedrückt.

„Einen Moment, es stimmt nicht, dass wir nicht über Menschenrechte gesprochen haben. Ich selbst habe das Problem bereits in seinem ersten Redebeitrag erwähnt“, habe EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geantwortet, nachdem er das Mikrofon an sich gerissen hat.

Schwerste Menschenrechtsverletzungen

Nach einem bereits im Jahre 2016 veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) wurden Hunderte Menschen von ägyptischen Behörden verschleppt und gefoltert.

So heißt es in dem unter dem Titel „Egypt: ‘Officially, you do not exist’ – Disappeared and Tortured in the Name of Counter-Terrorism“ erschienenen Bericht, dass nicht nur politische Aktivisten von derartigen repressiven Praktiken betroffen seien, sondern sogar Kinder unter 14 Jahren.

„Gewaltsame Verschleppung ist zu einem Hauptinstrument der ägyptischen Staatspolitik geworden“, erklärte Philip Luther, der AI-Regionaldirektor für den Nahen Osten und Nordafrika.

„Jeder, der es wagt, seine Meinung zu sagen, befindet sich in Gefahr, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung entführt, vernommen und gefoltert zu werden, wenn er das Vorgehen der Regierung kritisiert“, so Luther weiter.

Der Bericht dokumentiert Fälle von Personen, die verschleppt und mit Schlägen und Elektroschocks, auch an den Genitalien, gefoltert worden seien, um falsche Geständnisse zu erzwingen.

„Der Bericht liefert eine vernichtende Kritik an der ägyptischen Staatsanwaltschaft, die bei diesen Gewalttaten Komplizin ist und auf grausame Weise Verrat an ihrer gesetzlichen Verpflichtung begangen hat, das Volk vor Verschleppung, willkürlichen Festnahmen, Folter und anderen Misshandlungen der Häftlinge zu schützen“, so Luther weiter.

In den fünf Jahren, seit Mohammed Mursi, Ägyptens erster frei gewählter Präsident, mit einem Militärputsch gestürzt wurde, sind die ägyptischen Behörden gegen seine Unterstützer und Mitglieder seiner mittlerweile verbotenen Organisation Muslimbruderschaft brutal vorgegangen; Hunderte wurden getötet und Zehntausende hinter Gitter gebracht.