Frankreich: Muslime und Christen beten gemeinsam nach Ermordung eines Priesters
Paris (nex) – In ganz Frankreich nahmen Muslime nach der brutalen Ermordung des Priesters Jacques Hamel als Zeichen der Solidarität an christlichen Gottesdiensten teil. Zu der Bluttat hatte sich der IS bekannt.
Über 100 Muslime befanden sich unter den 2.000 Menschen, die sich in der Kathedrale von Rouen in der Nähe der normannischen Kleinstadt Saint-Etienne du Rouvray versammelten, wo zwei Teenager dem 86-jährigen Priester Jacques Hamel die Kehle durchgeschnitten hatten.
„Ich danke Ihnen im Namen aller Christen“, sagte der Erzbischof Dominique Lebrun. „So setzen Sie ein Zeichen, dass Sie Tod und Gewalt im Namen Gottes ablehnen.“
Der Präsident der Union der Muslime (UMAM) und Imam von Nizza, Otaman Aissaoui, nahm mit einer Delegation an einem Gottesdienst in Nizza teil. Hier hatte Mohamed Lahouaiej Bouhlel am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag zum Gedenken der Erstürmung des Bastille-Gefängnisses, die als Beginn der Französischen Revolution gilt, einen Lkw in eine Menschenmenge gefahren. Bei dem Anschlag wurden 84 Menschen getötet und 435, darunter zahlreiche Muslime, verletzt.
In Bordeaux folgten die Muslime dem Aufruf des Conseil français du culte musulman (CFCM), einem islamischen Dachverband, um ihre Solidarität und Mitgefühl wegen der Ermordung des Priesters am vergangen Freitag zum Ausdruck zu bringen.
„Ich bin praktizierende Muslimin, und ich bin hergekommen, um meine Trauer auszudrücken und euch zu sagen, dass wir Brüder und Schwestern sind“, erklärte eine Frau mit einem hellen Kopftuch, die in einer der hinteren Reihen in der Pariser Kathedrale Notre-Dame saß, wo am vergangenen Mittwoch ein Gedenkgottesdienst stattfand.
Die Frau, die sich nur Sadia nannte, fügte leise hinzu: „Was da geschehen ist, ist unbegreiflich.“
Der französische Ministerpräsident Manuel Valls rief am gestrigen Sonntag zu einem neuen Pakt mit den fünf Millionen Muslimen in Frankreich auf, die die größte muslimische Community in Europa darstellen.
„Der Islam hat seinen Platz in Frankreich gefunden – trotz der wiederholten Angriffe von Populisten aus der rechten bis rechtsextremistischen Ecke“, erklärte er und verurteilte deren „nicht hinnehmbare Ablehnung des Islams und der Muslime.“
Die beiden 19-jährigen Attentäter, Adel Kermiche und Abdel Malik Petitjean, waren bereits im Visier der Geheimdienste; die Teenager hatten versucht, nach Syrien auszureisen.
Aus Ermittlerkreisen wurden bekannt, dass unterdessen ein syrischer Flüchtling nach seiner Vernehmung wieder auf freiem Fuß sei. Die Polizei hatte eine Kopie seines Reisepasses in Kermiches Wohnung entdeckt. Man habe keine Verbindung zu der Straftat feststellen können, so die Quelle weiter.
Der 30-jährige Cousin von Abdel Malik Petitjean, Farid K., jedoch sollte am gestrigen Sonntag vor einem Anti-Terror-Gericht erscheinen.
„Dem Verdächtigen war bekannt, dass sein Cousin kurz davor stand, eine Gewalttat zu begehen, wenn ihm auch Zeit und Ort nicht bekannt waren“, teilte die Pariser Staatsanwaltschaft in einem Statement mit.
Kermiche hatte auf einer Audioaufnahme den Plan für den Angriff auf den Priester einige Tage vor der Tat auf Telegram geteilt.