Start Panorama Ausland Vereitelter Putschversuch Türkei: Kleidungsstücke in Auspuffen brachten Putsch-Panzer zum Stehen

Vereitelter Putschversuch
Türkei: Kleidungsstücke in Auspuffen brachten Putsch-Panzer zum Stehen

Während in Deutschland dem gescheiterten Putsch in der Türkei zu Beginn noch nachgetrauert und er anschließend den vielen Todesopferm gegenüber auf verhöhnende und respektlose Weise als „Inszenierung“ dargestellt wurde, werden immer mehr Heldengeschichten der Anti-Putsch-Demonstranten aus jener Nacht bekannt.

(Foto: privat)
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Istanbul (nex) – Seit dem vereitelten Putschversuch vom 15. Juli in der Türkei werden immer mehr Heldengeschichten aus jener Nacht bekannt wie folgende, die besonders interessant ist:

Es geht um Anti-Putsch-Demonstranten, die, wie sie erzählen, ihre Kleidungsstücke in die Auspuffe der Panzer stopften und diese so daran hinderten, zum Flughafen Istanbul Atatürk zu gelangen.

Danyal Simsek, Koch in einem Istanbuler Restaurant, und der Restaurantbesitzer Mehmet Sükrü Kintas berichteten am vergangenen Donnerstag der Nachrichtenagentur Anadolu in Istanbul, dass sie auf diese Weise etwa zehn Panzer gestoppt hätten.

Das Duo errichtete mit ihren Autos zunächst eine Barrikade, um die Panzer zum Stehen zu bringen und stopfte anschließend Kleidungsstücke in die Auspuffe. Andere Zivilisten brachten viele Soldaten, die sich in den Panzern befanden und diese schließlich wegen der sich im Innenraum sammelnden Abgase verlassen mussten, zur Polizei.

Kintas fügte hinzu, dass die Soldaten auf dem Weg zum Flughafen gewesen seien.

„Wie können wir diese Panzer stoppen?“, habe er seinen Chef gefragt. Die Lösung kam von einem Mechaniker in der Nähe: „Wenn ihr die Auspuffe zustopft, kommen die Panzer nicht mehr weiter.“

Kintas erzählt weiter: „Wir zogen unsere Kleidung aus. Jeder gab uns von seinen Kleidungsstücken ab. Wir steckten sie in die Auspuffe rein und bedeckten den oberen Teil des Filters. Da mussten die Panzer in zwei bis drei Minuten anhalten.“

Der Restaurantbesitzer sagt, dass Sicherheitskräfte in seinen zwölf Restaurants in Istanbul kostenlos essen dürften.

„Die Militärangehörigen und Polizisten, die sich gegen den Putsch stellten, können jedes meiner Restaurants besuchen und so viel essen, wie sie wollen. Unsere Geschwister haben die Rechnung dafür am 15. und 16. Juli bereits beglichen.“

Kintas erzählt, dass ein einziger Panzer es zum Flughafen Atatürk geschafft habe. Über die Menschen, die den Putsch niedergeschlagen haben, sagt er: „Möge Gott sie alle segnen. Es gab ihrer Hunderte – wir waren nur zwei von ihnen.“

Die türkische Regierung hat erklärt, dass der Putschversuch von Anhängern des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen organisiert worden sei. Gülen wird vorgeworfen, durch die Gründung eines Parallelstaates seit Jahren für den Sturz der Regierung mithilfe seiner Unterstützer zu kämpfen, die den türkischen Staat vor allem in den Bereichen Militär, Polizei und Justiz infiltriert hätten.

Der tödliche Putschversuch begann am 15. Juli, als abtrünnige Elemente im türkischen Militär die demokratisch gewählte Regierung des Landes stürzen wollten. Mindestens 246 Menschen, darunter Sicherheitskräfte und Zivilisten, wurden während der Proteste gegen den vereitelten Putschversuch getötet und weitere 1.530 verletzt.

 


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