Berlin/Moskau (dts) – Der russische Präsident Wladimir Putin will die Demokratie in Russland weiterentwickeln. „Russland hat genug Erfahrung mit einem Ein-Parteien-System gemacht, dorthin gehen wir nicht zurück. Wir werden unsere Demokratie weiterentwickeln und vervollkommnen“, sagte Putin in einem Interview mit „Bild“.
77 Parteien seien inzwischen bei Parlamentswahlen zugelassen, die meisten Gouverneure werden direkt gewählt. Auf Nachfrage erklärte Putin, dass es „kein einheitliches, weltweites Modell für Demokratie“ gebe. „Was unter Demokratie verstanden wird, unterscheidet sich von Land zu Land. Dieses Verständnis ist in Indien anders als in den USA und anders als in Russland oder Europa.“
Einer Rolle Russlands als Supermacht erteilte Putin eine Absage. „Nein, wir beanspruchen die Rolle einer Supermacht nicht. Das ist viel zu teuer und unnötig“, sagte Putin im „Bild“-Interview. Russland sei aber weiterhin eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt.
Gelassen habe er auch auf die Äußerung von US-Präsident Barack Obama reagiert, Russland sei nur noch eine Regionalmacht. „Das habe ich nicht ernst genommen. Jeder Staats- und Regierungschef auf der Welt kann natürlich seine Meinung haben und äußern. Barack Obama sagt ja ebenso, Amerika sei die `auserwählte Nation`. Auch das nehme ich nicht ernst.“
Zum Konflikt zwischen Moskau und Ankara erklärte Putin, er sähe die Nato nach dem Abschuss eines russischen Kampfflugzeugs in dem russisch-türkischen Streit nicht verwickelt. „Die Türkei ist zwar Mitglied der Nato, aber sie wurde nicht angegriffen. Darum muss die Nato die Türkei nicht schützen und unsere Probleme mit der Türkei haben auch nichts mit der Nato-Mitgliedschaft dieses Landes zu tun.“
Die türkische Führung hätte sich besser für den Abschuss, der ein klares Kriegsverbrechen war, entschuldigen sollen, anstatt das Nato-Hauptquartier anzurufen, so Putin. Wenn die Türkei ihre „ganz eigenen Interessen in der Region“ verfolge, „müssen weder Deutschland noch die Nato sie dabei unterstützen, oder“, fragte Putin. Er hoffe sehr, „dass sich solche Ereignisse nicht zu großen militärischen Konflikten auswachsen.“