Berlin (dts) – Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten als „schrecklich und beschämend“ bezeichnet und erklärt, dass die Stimmung in der deutschen Gesellschaft seiner Ansicht nach gekippt sei. Die Übergriffe „manifestieren ein partielles Versagen des Staates als Garant von Freiheit und Sicherheit gegenüber seinen Bürgern. Das darf es nicht wieder geben“, sagte Papier dem „Handelsblatt“ (Dienstagausgabe).
Das Gewaltmonopol des Staates insgesamt sei jedoch noch nicht signifikant gefährdet. Man müsse jedoch aufpassen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in diese Schutzfunktion nicht verlorengehe. „Es ist wahrnehmbar, dass die Stimmung im Land gekippt ist. Es wird deutlich, wie groß die Probleme bei der Integration so vieler Menschen sind“, sagte Papier. Schärfere Gesetze hält der frühere Verfassungsrichter für wenig bedeutsam. „Das sind keine falschen Antworten, aber es geht nur um das Kurieren der Symptome. Es ist nicht der Versuch, die Lage grundsätzlich in den Griff zu bekommen“, sagte Papier. „Abschiebungen scheitern vielfach aus faktischen Gründen“, erklärte er. Es fehle oft das Personal und Staaten weigerten sich, die Ausländer wieder aufzunehmen. Häufig sei die Staatsangehörigkeit auch unklar. „Hier können Gesetzesänderungen wenig bis gar nichts bewirken. Sie haben insoweit den Charakter einer Symbolpolitik“, sagte Papier.