Berlin (dts) – Gregor Gysi, scheidender Vorsitzender der Linken-Bundestagsfraktion, hält die SPD „für einen ziemlichen Luschenverein“. Auch deshalb wäre er nie gern Sozialdemokrat geworden, sagte Gysi in einem Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, dem mehr als 30 Tageszeitungen angehören. „Die wissen ja nicht mal, ob sie das Gegenüber zur CDU werden wollen oder doch nur ein Anhängsel bleiben wollen.“
Außerdem würde er sich viel zu sehr aufregen, wäre er in der SPD. Die Sozialdemokraten müssten begreifen, dass es auch ihr gut tue, wenn sie von einer Linkspartei „unter Druck gesetzt“ werde. Gysi kenne im Übrigen niemanden in der SPD von heute, „der Kanzlerformat“ habe.
Zur Zukunft seiner eigenen Bundestagsfraktion ohne ihn an der Spitze meinte Gysi: „Ich bin Zweckoptimist. Das wird schon klappen.“ Großes Lob spendete Gysi dem Einheits-Kanzler Helmut Kohl. „Helmut Kohl hat seine wirklich großen Marken gesetzt mit der Herstellung der deutschen Einheit.“ Kohl sei „ein Europäer“ gewesen, der mit Leidenschaft den Weg zur europäischen Integration gegangen sei.
Seine eigene Leistung in der Politik würdigt Gysi mit der Erklärung, er habe jene Teile der DDR in die Einheit geführt, „die von den anderen Parteien nicht gewollt waren und das waren nicht wenige“. Stolz sei er, dass es ihm gelungen sei, die Linke so zu etablieren, „dass es auch ein CSU-Wähler normal findet, dass es uns im Bundestag gibt“. Seinen Abschied aus der ersten Reihe nannte Gysi endgültig. Er habe wirklich Lust, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. „Und auf den freue ich mich auch. Deshalb geht es nicht mehr zurück. Bis heute bin ich ein Politiker und ab morgen bin ich ein Gesellschaftspolitiker.“