Von Çağıl Çayır
Die traditionelle kasachische Musik hat nicht nur eine ästhetische Bedeutung. In der Vergangenheit war sie das Medium für magische, mystische, zeremonielle, ethische und kommunikative Überlieferungen. Eine der wichtigsten Gattungen dieser Art war die sogenannte „Küy“
Das Wort „Küy“ selbst bedeutet heute die instrumentale Melodieform der traditionellen Musik. Sie ist kompositorisch mit bestimmten Legenden und Geschichten verwoben und kristallisiert sich zu einer musikalischen Erzählung. Die Kasachen nannten Küy: „Das Flüstern von Tengri“.
Man glaubte, dass der Küyji das Flüstern des Allmächtigen wahrnahm, das für einen gewöhnlichen Menschen unhörbar war, und es durch seine Musik übertrug.
Eine dieser Küyjis ist Aitolkyn Toktagan. Aitolkyn studierte schon in jungen Jahren die Kunst der Küy und gilt heute als eine der Meistervirtuosinnen dieses Genres.i
Am Abend des 24.9.2024 lud das Yunus Emre Institut Köln zu einem kostenlosen Konzert der kasachischen Meistervirutosin ein. Aitolkyn bagann ihr Kölner Debut-Konzert mit einem wahrhaft epischen Stück. Sie spielte die Küy, die der Sage nach einst ein weiser Barde vor Dschingis Khan spielte.
Dschötschi, der älteste Sohn des Khans, kehrte nicht von der Jagd wieder. Das Schlimmste erahnend drohte der Kahn denjenigen mit einer Bleitortur zu bestrafen, der ihm etwas Schlechtes über seinen Sohn berichtet. Da kam ein weiser Barde auf die Idee seine Laute sprechen zu lassen…
Die Melodie der Laute des weisen Barden erzählte dem Khan vom Unfalltod seines Sohnes: Dschötschi jagte einen Kulan. Doch der durch die Jagd verletzte und humpelnde Wildesel griff Dschötschi plötzlich an und brachte ihn um…
So erfuhr der Khan die schlimme Nachricht und wollte den Barden dafür bestrafen. Doch der Barde verteidigte sich mit der Erklärung: „Nicht ich, sondern die Laute hat es gesagt.“
Daraufhin ließ der Khan glühend heißes Blei über die Laute gießen. Dadurch brannte sich ein Loch in die Vorderseite der Laute und es rissen alle Saiten bis auf zwei. Der Sage nach ist so die heutige Form der „Dombra“ entstanden…
Die Küy, von der hier berichtet wurde, heißt „Aksak Kulan“ – „Humpelnder Esel“. Eine Interpretation der Küy von Aitolkyn Toktagan finden Sie auch auf YouTube:
Begleitet wurde das Kölner Konzert von Aitolkyn Toktagan zudem von einem Auftritt des Multi-Instrumentalisten und Musikwissenschaftlers German Popov (OMFO/Amsterdam), der die Maultrommel und Ney spielte.
Organisiert wurde das interkulturelle Musik-Konzert von Zafer Topak – in besonderer Zusammenarbeit mit dem Yunus Emre Institut Köln, dem Kasachischen Kulturzentrum Köln e. V. und der Föderation der Trabzon Vereine in Europa e. V. – gesponsert von Zümra Juwelier, Çağla GmbH, Intellect Bildungszentrum, Işık Immobilien, Restaurant By Usta und Smart Design.
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