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NEX24-Interview
Türkei: Mögliche Steuersparpakete im Immobiliensektor

Die in der Türkei lebende Auswanderin und Buchautorin Marina Bütün äußerte sich in einem Interview mit NEX24 zu den eventuell zu erwartenden Steuersparpaketen

Flughafen Antalya (Foto: nex24)
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Die in der Türkei lebende Auswanderin und Buchautorin Marina Bütün (Auswandern Türkei) äußerte sich in einem Interview mit NEX24 zu den neuesten Reaktionen bezüglich der eventuell zu erwartenden Steuersparpakete, die im Bereich türkischer Immobilien aktuell im Netz heftig diskutiert werden. NEX24: Laut Meldungen türkischer Medien, wie die der türkischen Onlinezeitung Ekonomim

, soll ein nach der Kommunalwahl erwartetes Sparpaket schrittweise umgesetzt werden, welches hauptsächlich Immobilien betrifft. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit Ihrer Meinung nach, dass es hier zu gravierenden Änderungen kommen wird? 

Bütün: In jüngster Zeit wurden im Körperschafts- und Umsatzsteuerrecht Regelungen getroffen, die die Befreiung von Steuern für Immobilien einschränken. Es scheint, dass diese Regelungen fortbestehen werden. 

Mögliche rechtliche Regelungen sollen in das Steuerpaket aufgenommen werden, wie die Aufhebung oder Änderung der Steuerbefreiung für Kapitalerträge aus einem Immobilienverkauf nach 5 Jahren. Bisher fielen keine Steuern für den Gewinn an, wenn die Immobilie fünf Jahre im Besitz des Eigentümers war. Auch die Sachverständigenpflicht beim Immobilienverkauf für alle sei im Gespräch – nach dem Wert müssten die Kauf-/Verkaufsteuern, Grundsteuern oder sonstige mit dem Wert zusammenhängende Steuern wahrscheinlich höher als vorher bezahlt werden.

Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Änderung kommen könnten. Mehr möchte ich jetzt aber nicht ins Detail gehen, da es noch nicht entschieden ist, was überhaupt kommt. Die Regierung betreibt seit langem Studien über den Immobiliensektor und das Parlament wird auch über Anträge mitreden. Es ist in der Türkei ja nicht so, dass alles nur der Präsident entscheidet. Obwohl viele deutsche Medien den Lesern das suggerieren.

Als Frau eines Ex-Baufirmeninhabers in der Türkei beobachte ich seit Jahrzehnten die Immobilien-Branche, jetzt vor allem, seit es modern wurde, Videos anstatt Posts zu machen. In meinem Buch „Türkei Immobilien“ habe ich es absichtlich vermieden, ausführlich über Steuergesetze zu schreiben, weil es natürlich im Laufe von Jahren zu Änderungen kommen kann, ob es jemandem passt oder nicht. Damit muss ein Bürger in jedem Land leben. Für mich sind die Gründe für eine mögliche Änderung klar. Irgendwo muss der Staat eingreifen. Mein Buch (Link) liefert wertvolle praktische Tipps und mögliche Pannen und Fallen, die kein Auswandererberater erklärt.

Zum einen werden seit drei Jahren die Vermieter und Verkäufer von Immobilien immer dreister, was die Preise betrifft, zum anderen sind leider immer noch private Vermittler unterwegs, die auf dunklen Wegen steuerfrei ihren Reibach mit Immobilienverkäufen machen, z.B. indem sie mit Immobilienbesitzern Provisionen in Form von hohen Preisaufschlägen vereinbaren, die sie dann schwarz in die Tasche stecken. Obwohl es bereits seit Jahren diesbezüglich gesetzliche Vorgaben gibt, interessiert es niemanden.

Letztendlich wird sich dann jeder Eigentümer überlegen müssen, was ihm billiger kommt – die Steuern für den privaten Vermittler mitzutragen in Form von Verkaufssteuer und eventuell noch Kapitalertragssteuer – für Geld das andere einschieben oder eben einen Makler aufzusuchen, der seine Einkünfte versteuern muss.

Ebenso muss bei Vermietern, die utopische Mieten verlangen, aber sich nur die Hälfte aufs Konto überweisen lassen und den Rest bar, ein Riegel vorgeschoben werden. Auch hier wurde bereits in Inegöl eine Maßnahme gestartet. Das Finanzamt besucht Mieter in der Wohnung, befragt diese und soll auch Konten überwachen.

Für mich ist klar, dass dieses Verhalten Konsequenzen haben muss. Es hat sich in den letzten 21 Jahren – trotz Gesetzesverschärfungen bezüglich Lizenzen der Makler – wirklich absolut nichts an den Zuständen geändert, nur die Art und Weise wie man schwarz verkauft. Und es sind meistens solche, die über den Tourismus und Fremdsprache an Interessenten aus dem Ausland kommen und überteuerte Immobilien an den Mann oder die Frau bringen und nicht einmal die Einheimischen.

Zusätzlich ist es leider aber so, dass es die Bevölkerung, vornehmlich an den schönen Küstenorten der Westküste, nicht wirklich interessieren würde, ob es einen gesetzlich vorgegebenen Mietspiegel pro m2 gäbe wie in Deutschland oder Richtwerte für den Verkauf einer Immobilie pro m2. Selbst bei gesetzlich vorgegebenen maximalen Mieterhöhungen im Jahr schert sich bis heute kaum einer darum, diese einzuhalten. Da dieses Verhalten des Vermieters durch den Mieter lediglich mit Anzeige aus der Welt zu schaffen wäre, überlegt es sich der Mieter dreimal, wenn die Wohnung noch bezahlbar ist. Denn wer will nach einer Anzeige dann noch weiter in dieser Wohnung bleiben, selbst wenn er dürfte.

Fakt ist einfach – es ist wohl wirklich notwendig, einiges an Steuern zu ändern, um dieses Verhalten zu bremsen. Ergebnis wäre, sofern alles so eintritt, wie in den Medien zu lesen ist, dass sich eventuell die Immobilienbesitzer auf die Normalität besinnen, wenn es so richtig im Geldbeutel weh tut. Und ich sage es ganz offen – diejenigen, die jetzt am meisten laut schreien, sind solche, die bezüglich unauffälliger Privatvermittlung von Immobilien an Ausländer ihre Felle langsam davonschwimmen sehen.

Leider hat sich diese Art von Auffassung der Bürgerpflicht auch auf viele vom Ausland eingewanderten Migranten übertragen, egal ob mit türkischen Wurzeln oder nicht. Viele dachten oder denken immer noch, die Türkei ist weiterhin wie in den 90er Jahren ein rechtsfreier Raum, in der alles möglich ist. So ist es aber nicht, das ist schon seit ich Anfang 2000 eingewandert bin, nicht mehr so und es wird strenger in allen Bereichen, auch was die Aufenthaltsgenehmigung betrifft, die natürlich schlimmstenfalls mit Einreisesperre einem Ausländer entzogen werden kann, wenn er sich hier etwas zuschulden kommen lässt. Alles das und mehr findet man in meinem „Auswandern Türkei Ratgeber“ (Link). 

Was ich aber heute immer noch von irgendwelchen YouTubern höre, die kaum einen Fuß hier in die Türkei gesetzt haben und sofort ihre Weisheiten zum Besten geben, ist einfach zum Teil auch perfide gelogen. Die Follower werden oft bezüglich der Höhe von Provisionen eingeseift. Ich dachte, diese Art von Geschäften wurde durch eine weitere vierte Lizenz, die türkische Makler haben müssen, unterbunden.

Scheinbar trauen sich doch noch einige, trotz der ganzen Gesetze und predigen unwissenden Ausländern genau den Unsinn, den ich schon von Anfang 2000 hörte, als – uns bekannte, aber völlig branchenfremde deutsch-türkische „Verbindungen“ aus großen Hotels am Ort unseres damaligen Büros, den Ausländern ungeniert erzählt haben, wenn sie die Immobilie über sie kaufen würden, wäre sie billiger, weil die bösen Makler 10 Prozent Provision verlangen würden und sie doch nur 5, die angebliche Hälfte. Fakt war und ist heute noch – die gesetzliche Provision eines Maklers darf maximal 3 % sein – je vom Käufer und Verkäufer, bei Mietkunden je 1 Monatsmiete.

Jetzt wird gejammert was das Zeug hält, weil eventuell ein neues Sparpaket im Parlament entschieden werden soll und dass sich ja dann ein Verkauf nicht mehr rechnen würde. Das war auch der Grund, wieso ich „Weißwurst mit türkischem Tee“ Band 1, 2 und 3 als Auswanderer-Tagebuch meiner ersten drei Jahre veröffentlicht hatte – es gibt vieles, was zukünftige oder auch bereits angekommene Auswanderer noch lernen müssen. Ich musste es auch. Vielleicht kann sich hier jemand ein wenig von meinen Erfahrungen mitnehmen. (Link)

Einerseits wird seit zwei Jahren durchgehend gejammert, vor allem von Ausländern in der Provinz Antalya, dass Flüchtlinge, die mit dicken Autos aus der Ukraine kommen, die Preise hochtreiben und sich die Leute die Mieten nicht mehr leisten können, andererseits sagt aber niemand, dass es ja die Vermieter sind, die diese Preise für sich in Anspruch nehmen, die auch mitunter aus dem Ausland sind, auch Türken aus Deutschland. Es heißt unter den Einheimischen auch seit Jahren, dass die Immobilien immer nur an reiche Araber zu utopischen Preisen verkauft werden.

Ich frage mich – zwingt jemand die Besitzer mit vorgehaltener Pistole zu diesen Geschäften oder wieso wird ständig mit dem Finger gezeigt, obwohl es ja die Verkäufer selbst sind, die die Preise gestalten, aber dann offiziell ihre Einnahmen niedrig halten?

Dementsprechend finde ich, ist so ein neues Steuerpaket nicht verkehrt. Wer nicht hören will, muss fühlen. Entweder die Leute hören auf, die Mieten und Kaufpreise so hoch anzusetzen, die sie dann eventuell komplett versteuern müssen, weil es vielleicht im System hinterlegt wird oder es wird keiner mehr mieten oder kaufen. Das sind die beiden Konsequenzen, die ich daraus erkennen kann. Anders ist diesen Problemen wahrscheinlich nicht beizukommen.