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Bericht: Frankreich trägt erhebliche Verantwortung am Völkermord in Ruanda

Ein neuer Bericht, der von der Regierung Ruandas in Auftrag gegeben wurde, besagt, dass die französische Regierung unter Präsident Francois Mitterrand beim Völkermord 1994 an den Tutsi  "erhebliche Verantwortung" trage.

Schädel von Opfern des Völkermordes in der Gedenkstätte von Nyamata/2007. (Foto: Wikimedia/Inisheer)
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Kigali – Ein neuer Bericht, der von der Regierung Ruandas in Auftrag gegeben wurde, besagt, dass die französische Regierung unter Präsident Francois Mitterrand beim Völkermord 1994 an den Tutsi  „erhebliche Verantwortung“ trage. Und zwar nicht nur während des Völkermords selbst, sondern auch in der Zeit zuvor, die zu den Gewalttaten führten, als auch in der Periode nach dem Genozid, so der Bericht.

Der Bericht, der das Ergebnis umfangreicher Recherchen und Untersuchungen der US-amerikanischen Anwaltskanzlei Levy Firestone Muse ist, wurde 2017 von der ruandischen Regierung in Auftrag gegeben, um ein klares Verständnis für die Beteiligung der französischen Regierung in Ruanda in der Zeit ab Oktober 1990 sowie in der Zeit nach dem Genozid zu schaffen.

Auf einer Pressekonferenz zur Bekanntgabe des 592-seitigen Berichts sagte der Minister für auswärtige Angelegenheiten und Zusammenarbeit, Dr. Vincent Biruta, dass der Bericht einen langen Weg „zur Feststellung von Fakten und zur Beendigung der jahrzehntelangen Verzerrung der Wahrheit“ gehen werde.

Biruta betonte, dass der von der ruandischen Regierung veröffentlichte Bericht keine direkte Antwort auf den Bericht der Duclert-Kommission ist, der von Frankreich vor fast einem Monat veröffentlicht wurde, sondern vielmehr die französischen Ergebnisse bestätigt und mehr Licht auf die Beteiligung Frankreichs in Ruanda und die Rolle, die es gespielt hat, wirft.

„Es handelt sich um zwei verschiedene Berichte, die zu unterschiedlichen Zeiten in Auftrag gegeben wurden, obwohl sie beide dasselbe Thema behandeln“, sagte Minister Biruta über den Bericht mit dem Titel „A Foreseeable Genocide: The Role of the French Government in Connection with the Genocide Against the Tutsi in Rwanda“.

„In diesem Bericht wird deutlich, dass die damalige französische Regierung eine große Verantwortung trägt, weil sie es versäumt hat einen vorhersehbaren Völkermord zu verhindern. Sie sah alle Anzeichen und war sich der Planung und Ausführung bewusst, hat aber nie gehandelt“, sagte Minister Biruta und stellte die Schlussfolgerung des Berichts der Duclert-Kommission in Frage, dass Frankreich „blind“ gegenüber der Planung und Ausführung des Völkermords an den Tutsi von 1994 war.

„Französische Behörden taten dies, um Frankreichs eigene Interessen zu fördern, insbesondere die Festigung und Ausweitung von Frankreichs Macht und Einfluss in Afrika. Und sie taten dies trotz ständiger und sich ständig mehrender Hinweise, dass ein Völkermord absehbar war“, so der Bericht.

„Dieser Bericht ergänzt in gewisser Weise den Bericht der Duclert-Kommission, aber er geht tiefer in die Enthüllung der direkten Beteiligung der Franzosen in der Zeit zwischen 1990 und 1994 sowie in den Jahren nach dem Völkermord, die von Plänen zur Manipulation der Wahrheit geprägt waren“, erklärte Dr. Biruta weiter und fügte hinzu, dass der Bericht verschiedene Bemühungen aufdeckt, die Geschehnisse in Ruanda zu vertuschen, zu minimieren oder zu bagatellisieren.

1 Million Tote: Der Völkermord in Ruanda

Beim Völkermord in Ruanda, der am 6. April 1994 begann und bis Mitte Juli 1994 andauerte, starben Schätzungen zufolge bis zu einer Million Menschen. Angehörige der Hutu-Mehrheit töteten in dieser kurzen Periode etwa drei Viertel der in Ruanda lebenden Tutsi-Minderheit sowie moderate Hutu, die sich am Völkermord nicht beteiligten oder sich aktiv dagegen einsetzten. Die Täter kamen aus den Reihen der ruandischen Armee, der Präsidentengarde, der Nationalpolizei (Gendarmerie) und der Verwaltung.

Auch weite Teile der Hutu-Zivilbevölkerung beteiligten sich am Völkermord. Rückblickend gaben viele Täter in Interviews „Furcht“ als wichtigsten Beweggrund für die Beteiligung am Völkermord an. Sie fürchteten demnach soziale, materielle oder physische Repressalien, falls sie sich nicht an Mordtaten beteiligen würden.

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