Manila (nex) – Die Türkei und die Philippinen haben am Dienstag in der philippinischen Hauptstadt ein Abkommen über die Zusammenarbeit in der Verteidigung unterzeichnet.
Die Vereinbarung – eine Absichtserklärung – wurde von Ismail Demir, dem Leiter der türkischen Präsidentschaft der Verteidigungsindustrie, und Delfin Lorenzana, dem Verteidigungsminister der Philippinen, in Manila unterzeichnet.
Derzeit verkaufe die Türkei Waffen, Munition und Nachtsichtgeräte an die Philippinen, künftig sollen der erste einheimische Kampfhubschrauber „Atak„, unbemannte Luftfahrzeuge und Schiffe folgen, so Demir der Nachrichtenagentur Anadolu. Der Verkauf von Panzern und die Modernisierung bestehender Panzerfahrzeuge seien ebenfalls geplant.
„Die Zusammenarbeit in den Bereichen Technologie und lokale Talentförderung ist der Schlüssel zu den bilateralen Beziehungen zu den Philippinen“, sagte Demir.
„Positiver Teufelskreis“
Wachsende politische Spannungen und terroristische Gefahren in der Türkei und der Welt offerieren der aufsteigenden türkischen Rüstungsindustrie eine einzigartige Wachstumsmöglichkeit. Der Professor und Militärexperte Andreas Krieg sagte gegenüber Eurasia News und NEX24, dass die Türkei zur Schutzmacht der arabischen Golfstaaten aufsteigt und seine rüstungsindustriellen Fähigkeiten erfolgreich ausbaut.
„Zahlreiche Panzerfahrzeugmodelle, die sich in der Türkei bewiesen, wurden zu wettbewerbsfähigen Exportprodukten“, erklärte ein Beamter für militärische Prokurator, der auf Rüstungsexport spezialisiert ist, im Gespräch mit dem Militärfachportal Defense News am 13. Februar. „Das lässt sich als positiver Teufelskreis beschreiben: Erfolgreich lokal entwickelte Fahrzeuge bekommen zunächst die Chance, ihre Fähigkeiten auf heimischem Boden zu beweisen. Dann werden die Produkte an ausländische Akteure verkauft. Das verdiente Geld kann in neue Technologien investiert werden, was wiederum die Produktion vorantreibt“, fügte der Beamte hinzu, der namentlich nicht genannt werden wollte.
Ein solches Erfolgsunternehmen ist Nurol Makina, dessen Hauptgeschäft der Bau von allradbetriebenen taktischen Panzerfahrzeugen ist. Der rasante Anstieg der Arbeitsbelegschaft unterstreicht den Erfolg des Unternehmens, die von 110 Arbeitnehmern im Jahr 2012 auf 480 im vergangenen Jahr angestiegen ist. Der Umsatz legte im gleichen Zeitraum von nur fünf Millionen US-Dollar auf fast 100 Millionen US-Dollar zu. Das entspricht einem 20-fachen Anstieg in nur vier Jahren.
Nurol verkaufte bereits 250 Exemplare seines Aushängeprodukts Ejder Yalcin. Das ist ein schwereres Kampfpanzerfahrzeug mit konventioneller und ballistischer Panzerung gegen Minen und improvisierte Sprengstoffe. Die Auftragsbücher für Ejder Yalcin übersteigen 500 Stück. Dieses Jahr bekam das Unternehmen seinen ersten Exportvertrag. Die türkische Rüstungsschmiede erwartet in diesem Jahr noch zwei weitere ausländische Aufträge. In den nächsten zwei Jahren will Nurol über 1.000 Ejder Yalcin-Panzerfahrzeuge verkaufen, während politische Analysten anhaltende Konflikte in den nächsten Jahren in und außerhalb der Türkei erwarten.
Ejder Yalcin wird sowohl vom türkischen Militär als auch von Sondereinsatzkräften der Polizei im Südosten Anatoliens verwendet. Dort kämpft der türkische Staat gegen die terroristisch-separatistische kurdische PKK-Organisation seit 1984 einen blutigen Krieg.
Unterdessen hat Nurol ein leichteres Schwestermodell des Ejder Yalcin unter dem Namen Ilgaz entwickelt. Die ersten zwei Einheiten wurden exportiert. Nurol plant, das Fahrzeug auf der Internationalen Rüstungsmesse IDEF2017 in der Türkei im Mai dieses Jahres auszustellen.
Der Wasserwerfer Ejder Toma Nurol, das auf einem heimisch entwickelten Militärfahrgestell basiert, verfügt über ein unabhängiges Federungssystem und Allradantrieb. Im Gegensatz zu anderen Wasserwerfern ist das Fahrzeug für den Offroad-Einsatz geeignet. Neben der Polizeibehörde der Türkei setzen auch die Landstreitkräfte und Gendarmerie auf Ejder Toma. Das Fahrzeug kommt in der Türkei und Syrien zum Einsatz, wo das türkische Militär bereits mehr als 70 Soldaten verloren hat. Nurol hat bislang 300 Ejder Tomas im In- und Ausland verkauft.
Nurol rühmt sich damit, dass all seine Produkte indigen sind. In diesem Rahmen arbeitet es mit dem staatlichen türkischen Konzern FNSS zusammen.
Unruhen im Nahen Osten stärken Nachfrage für erprobte Verteidigungsgüter
Der Geschäftsführer von Nurol Makina Engin Aykol bewertete die geopolitische Grundstimmung im Nahen Osten:
„Unglücklicherweise gibt es keine deutlichen Zeichen, dass sich die Konflikte in diesem Teil der Welt in den nächsten drei Jahren legen werden. Nehmen wir zum Beispiel die türkischen Militäroperationen in Syrien. Diese werden vorläufig nicht enden. Auch wenn sie es tun sollten, wird die türkische Armee als Abschreckungsmacht wohl in Syrien bleiben.“
Mehr als 15.000 Kämpfer der verbotenen PKK-Organisation und über 1.000 türkische Sicherheitskräfte haben ihr Leben seit dem erneuten Ausbruch des Krieges im Juli 2015 verloren. Diese Auseinandersetzungen und die aktive Bekämpfung der Terrormiliz IS (Daesh) in Syrien und Irak zwangen Ankara, ein Augenmerk auf verschiedene Typen von gepanzerten Fahrzeugen zu werfen.
Die Teilnahme an asymmetrischen Kriegsschauplätzen erhöht die Nachfrage für intelligente Lösungen aus dem Bereich gepanzerter Fahrzeuge. Alleine in diesem Jahr kauft das türkische Innenministerium 440 taktische Panzerfahrzeuge und 50 Wasserwerfer zur Zerschlagung von Demonstrationszügen. Die Gendarmerie erwirbt laut offiziellen Angaben 200 Panzerfahrzeuge und 100 minenwiderstehende und hinterhaltgeschützte Fahrzeuge.
Golfregion größter Wachstumsmarkt für Türkei
Vertreter des militärischen Beschaffungsamtes teilten auf Anfrage mit, dass Polizei und Militär „für fast alle Typen gepanzerter Fahrzeuge“ eine große Nachfrage hätten. Ein Beamter erklärte:
„Wir erwarten auch eine beachtliche Nachfrage für türkische Verteidigungslösungen von ausländischen Märkten, insbesondere aus der arabischen Golfregion und Nordafrika.“
Der türkische Rüstungsexperte Yusuf Akbaba kommentierte gegenüber Eurasia News und NEX24, dass „die Golf-Region den wichtigsten Wachstumsmarkt mit dem größten Potenzial für türkische Rüstungsprodukte darstellt“. Ein Zeichen für den wachsenden Einfluss der Türkei sei der Abschluss eines millionenschweren Rüstungsabkommens mit den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Während der Internationalen Rüstungsmesse in Abu Dhabi Ende Februar unterzeichnete das türkische Unternehmen Otokar ein Abkommen in Höhe von 661 Millionen US-Dollar mit den Streitkräften der Vereinigten Arabischen Emirate für den Bau eines gepanzerten Infanteriefahrzeuges vom Typ Arma 8×8.
Eurasia News und NEX24 sprachen mit dem Professor der militärwissenschaftlichen Abteilung am renommierten Kings College in London, Andreas Krieg, der für die katarischen Streitkräfte tätig war. Auf die Frage, welche Rolle politische Allianzen Ankaras mit der Golfregion für die Nachfrage türkischer Rüstungsprodukte spielten, antwortete der Professor:
„Ankaras Rolle in der Region hat sich in den letzten Jahren stark geändert. Vor allem in Riad und Doha wird die Türkei als moralischer und wirtschaftlicher Partner gesehen. Man hat gemeinsame Interessen und Ziele, vor allem in Syrien und im Irak. Die Türkei positioniert sich zudem als Schutzmacht am Golf, vor allem in Katar. Das heißt, dass nicht nur die Rüstungsindustrie in der Türkei davon profitieren soll, sondern auch dass das türkische Militär am Golf Trainingsbasen aufbaut, um die dortigen Streitkräfte auf die Herausforderungen im Kampf gegen den Terrorismus, gegen Aufständische für die Freiheit der Handelswege vorzubereiten.“
Eine verteidigungspolitische Quelle aus Ankara, die nicht namentlich genannt werden will, bestätigte gegenüber Eurasia News und NEX24, dass es gegenwärtig Verhandlungen zwischen der türkischen Regierung und Saudi-Arabien sowie Bahrain über die eventuelle Errichtung von Militär- und Ausbildungsbasen gebe.
Mit Blick auf die rüstungsindustriellen Fähigkeiten der Türkei bemerkte Krieg:
„Während das Training des türkischen Militärs sehr gut ist und auch mit den Trainingsstandards westlicher Streitkräfte mithalten kann, ist die Rüstungsindustrie noch nicht ganz da, wo sie sein muss oder soll.“
Nach Meinung eines Beamten aus dem Verteidigungsministerium in Ankara, der ebenfalls anonym bleiben möchte, konkurriert die Türkei in Nahost erfolgreich mit westlichen, israelischen und südkoreanischen Unternehmen. Der Beamte fügte hinzu:
„Ironischerweise ist in diesem Sektor auch die Kooperation zwischen Rivalen eine willkommene Möglichkeit. Einige ausländische Unternehmen wünschen sich sehr, mit den kosteneffizienten und verlässlichen türkischen Rüstungsherstellern zusammenzuarbeiten.“
Laut Nurol-Geschäftsführer Aykol gehört die Türkei zu jenen Staaten, die auf hohem Niveau Rüstungsprodukte anbieten. „Wir konkurrieren mit US-amerikanischen und israelischen Herstellern.“
Dazu Professor Krieg vom Kings College:
„Die türkischen Produkte sind nicht schlecht und können sicherlich mit denen Pakistans, Chinas und in einigen Gebieten sogar mit westlichen Produkten mithalten. Sie sind aber im Vergleich um einiges günstiger als die Produkte aus dem Westen. Wenn es um Mannschaftstransportwagen geht oder um Schützenpanzer, da sind FNSS und Otokar nicht mehr so weit weg von der westlichen Konkurrenz, was die Qualität angeht.“
Er fügte hinzu, dass der gefallene internationale Ölpreis auch die Golfstaaten dazu zwang, auf den Preis zu schauen. Deshalb „kann die Türkei den Golfstaaten eine günstige Alternative zu den geläufigen westlichen Produkten“ erfolgreich anbieten. Er bemerkte:
„Der Preis spielt am Golf momentan eine große Rolle. Die Türkei kann den Golfstaaten helfen, sich aus der Abhängigkeit vom Westen zu befreien. Katar zum Beispiel hat eine Initiative gegründet, um zusammen mit der Türkei und Pakistan ein neues Rüstungsunternehmen zu gründen. Außerdem sind die türkischen Produkte ein gutes Add-On zu den vorhandenen teuren westlichen Produkten. Das heißt, Golfkooperationsländer kaufen ein kleines Kontingent an westlichen Produkten und bauen darum Bataillone auf, die zu 30 Prozent westlich gerüstet sind und zu 70 Prozent aus der Türkei, Finnland, Pakistan und anderen Staaten beliefert werden.“