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Stickoxid-Werte in Berlin flächendeckend zu hoch

Weitaus mehr Berliner als bislang bekannt sind von einer zu hohen Stickoxid-Belastung in der Atemluft betroffen.

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rbb|24 und Technische Universität messen an 73 Berliner Straßen Stickoxid-Belastung über dem gesetzlichen Grenzwert.

Berlin (ots) – Weitaus mehr Berliner als bislang bekannt sind von einer zu hohen Stickoxid-Belastung in der Atemluft betroffen. Das zeigen die Ergebnisse einer großen Stickoxid-Messreihe, die rbb|24 in Kooperation mit der TU Berlin durchgeführt hat. Die Wissenschaftler der Technischen Universität haben an 73 von 110 Messpunkten an Berliner Straßen Belastungen festgestellt, die über dem zulässigen EU-Grenzwert liegen.

Am Görlitzer Bahnhof wird Grenzwert um fast das Doppelte überschritten

Die höchste Belastung im Oktober/November 2017 wurde mit 77 Mikrogramm am Görlitzer Bahnhof in Kreuzberg gemessen. Gesetzlich erlaubt ist im Jahresmittel eine Belastung von höchstens 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft (µg/m³). Auch am Kurt-Schumacher-Damm in Tegel (74 Mikrogramm) und dem Kleinen Tiergarten in Mitte (72 Mikrogramm) ergab die vierwöchige Messkampagne eine hohe Durchschnittsbelastung. Der höchste vom Land Berlin gemessene Wert lag im vergangenen Jahr bei 66 Mikrogramm.

„Grenzwerte flächendeckender und stärker überschritten“

„Die Stickoxid-Grenzwerte werden in Berlin flächendeckender und stärker überschritten, als die bisher verfügbaren Messergebnisse es zeigen“, fasst Umweltchemiker Dr. Wolfgang Frenzel vom Institut für Technischen Umweltschutz der TU Berlin die Ergebnisse zusammen. Das Messnetz des Landes umfasst nur 39 Standorte.

Unter rbb24.de/abgasalarm sind alle Ergebnisse der rbb|24-Messkampagne sowie der Messstellen des Landes Berlin auf einer interaktiven Karte verzeichnet. Dort können Berlinerinnen und Berliner eine Adresse eingeben und erfahren, wie hoch die Belastung in ihrer Nähe ist.

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg berichtet zu diesem Thema am Dienstag umfangreich in Hörfunk und Fernsehen. In der Abendschau ist die zuständige Berliner Umweltsenatorin Regine Günther zu Gast.

Umwelthilfe: „Berlin kommt um ein Fahrverbot nicht herum“

Die Debatte über Diesel-Fahrverbote in Berlin dürfte nach den neuen Erkenntnissen über die Stickoxidbelastung weiter an Fahrt aufnehmen. „Der Berliner Senat wird durch diese Veröffentlichung stärker unter Druck kommen. Es wird nicht reichen, mit Tempo-30-Zonen zu arbeiten. Berlin kommt um ein Fahrverbot nicht herum“, bewertet Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die Ergebnisse. Die DUH hat das Land Berlin und rund 60 weitere Kommunen verklagt, weil die Stickoxid-Grenzwerte dauerhaft überschritten werden. Voraussichtlich im Frühjahr 2018 wird die Klage gegen das Land Berlin verhandelt. In dem Verfahren will die DUH die Messergebnisse von rbb|24 und der TU Berlin einbringen und eine amtliche Nachuntersuchung erzwingen.

Durch die Messreihe wird deutlich, dass viele Bewohner verkehrsreicher Straßen in der Berliner Innenstadt von gesundheitsgefährdender Luftverschmutzung betroffen sind.

Belastung in Innenhöfen geringer

Betroffene können sich kaum gegen die Belastung durch Stickoxide schützen. Die rbb|24-Messdaten zeigen jedoch, dass die Luftqualität in Innenhöfen zum Teil deutlich besser ist als zur Straße hin. Bei hohem Verkehrsaufkommen empfiehlt es sich, nicht zur Straßenseite hin zu lüften.

Zur Methode:

Die Messungen wurden vom Institut für Technischen Umweltschutz der TU Berlin mit sogenannten Passivsammlern durchgeführt. Auch das Land Berlin misst an 23 seiner 39 Mess-Standorte mit dieser Methode. Die Messungen erfolgten in drei Messzyklen über einen Zeitraum von vier Wochen hinweg im Oktober und November 2017. An jedem Standort wurden jeweils zwei geöffnete Passivsammler und ein verschlossener Sammler zur Nullmessung angebracht und anschließend im Labor der Technischen Universität photometrisch ausgewertet. Die Ergebnisse wurden auf ihre Plausibilität hin überprüft. Die Messunsicherheit dieser Methode beträgt laut TU Berlin rund zehn Prozent.