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Sigmar Gabriel hätte Steinmeier gerne als Bundeskanzler

Wenn Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sich einen Bundeskanzler aussuchen könnte, dann wäre das Frank Walter Steinmeier. "Aber der ist ja jetzt Bundespräsident", so Gabriel auf der ZEIT MATINEE im Gespräch mit ZEIT-Herausgeber Josef Joffe und ZEIT-Redakteur Roman Pletter.

(Archivfoto: dts)
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Hamburg (nex) – Gabriel hält die derzeitige Situation der Regierungsbildung für eine „komplizierte Lage“. Er erklärt: „Nun haben wir die Situation, dass die, die hätten regieren müssen, es nicht hingekriegt haben. Und jetzt darf natürlich auch keiner von der SPD erwarten, dass wir jetzt sagen: ‚Super, wir haben nur darauf gewartet, dass wir jetzt mal große Koalition machen dürfen.'“

Eine große Koalition entspräche auch nicht dem Wahlergebnis: „Dass Martin Schulz und viele andere gesagt haben, wir wollen nicht in die große Koalition, ist ja bei Lichte betrachtet auch das Wahlergebnis gewesen.“ Das Wahlergebnis sei keine Bestätigung für die Parteien gewesen, weiterzumachen. „Nein, wir haben beide verloren. Die CDU sogar noch mehr als wir“, betont Gabriel auf der ZEIT MATINEE.

Als Außenminister will er aber darauf hinweisen, dass die instabile Lage in Deutschland kein Dauerzustand sein darf: „Was jetzt die Schwierigkeit ausmacht, ist, dass das Bewusstsein wachsen muss, was in Europa los ist, wenn Deutschland über längere Zeit kein stabiles Bild abgibt. Das ist meine große Sorge.“ Und weiter: „Wenn wir wackelig sind, dann bebt es draußen.“

Auch Neuwahlen sieht Gabriel kritisch: „Alle sind sich einig, dass es keine richtig gute Idee ist, dem deutschen Volk zu sagen: ‚Unsere Vorstellung von Demokratie ist: Ihr wählt jetzt mal so lange, bis das Ergebnis so ist, dass es uns passt.'“ Gabriel weist in diesem Zusammenhang auf den Ausgang der belgischen Parlamentswahl im Juni 2010 hin: „Die größte Gefahr ist ja, wenn Menschen merken, es geht auch ohne Politiker.“

Gabriel plädiert für ein stärkere Rolle Europas in der Welt: „Europa muss in die Welt gehen“, so der Bundesaußenminister. „Wenn unsere Kinder noch eine Stimme haben wollen in der Welt, dann muss das eine europäische gemeinsame Stimme sein“, so Gabriel. Sonst werde „über uns entschieden und zwar in allen Feldern: Von der Handelspolitik bis zum internationalen Frieden.“

Über die Aufgabe Deutschlands in der Welt bestünde aber auch hier noch keineswegs ein Konsens. Nur Alexander Gauland und Oskar Lafontaine seien sich beim Mandat für Auslandseinsätze der Bundeswehr überraschend einig gewesen: „In den letzten zwei Tagen des Bundestages hatte ich manchmal den Eindruck, es gibt keinen großen Unterschied.“ Gabriel erläutert: „Wir haben gerade das Erlebnis linken Nationalismus auf beiden Seiten.“ Bei der Debatte ging es um die Frage: „Sollen sich Deutschland und Europa in die Welt bewegen oder sollen wir uns aus der Welt zurückziehen? Und bei der Frage ‚Sollen wir uns zurückziehen?‘, waren sich Linkspartei und AfD absolut einig.“

Bei der Präsentation von Ideen für Europa stehe es gerade 10:0 für Frankreich gegenüber Deutschland. Gabriel sieht eine stabile deutsche Regierung als Voraussetzung für Gespräche zwischen Merkel und Macron über den Zusammenhalt in Europa: „Dafür brauchen Sie eine handlungsfähige, mit Mehrheit ausgestattete Regierung. Sonst wird das nichts.“ Er selbst habe sich 2013 zu sehr auf Innenpolitik konzentriert und das europapolitische Kapitel nicht im Blick gehabt: „Ich glaube, das war ein Fehler“, so Gabriel. Es sei eine Angelegenheit, die nicht er zu entscheiden habe, aber „schon allein die Herkunft von Martin Schulz macht es logisch, dass die nächste Koalitionsvereinbarung einen sehr starken Anteil Europapolitik hat.