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Fuck Tha Police – Straight Outta Compton

Die wütenden Rhymes der Hip-Hop Ikonen N.W.A. scheinen nicht im mindesten gealtert zu sein, wenn sie als „Fuck tha Police“, jener Protesthymne aus dem Jahr 1988, die auch noch heute immer dann Gültigkeit hat, wenn Polizisten aus rassistischen Beweggründen Menschen unterschiedlich beurteilen.

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Fuck Tha Police – Straight Outta Compton

Review von Julius Zunker
Die wütenden Rhymes der Hip-Hop Ikonen N.W.A. scheinen nicht im mindesten gealtert zu sein, wenn sie als „Fuck tha Police“, jener Protesthymne aus dem Jahr 1988, die auch noch heute immer dann Gültigkeit hat, wenn Polizisten aus rassistischen Beweggründen Menschen unterschiedlich beurteilen, vom Soundtrack von „Straight Outta Compton“ in eine Welt gefeuert werden, die genau unter diesem Rassismus noch immer wie unter einem Krebsgeschwür krankt. „Straight Outta Compton“ ist auf diese Art ein Stück gelebte Geschichte, der Film ist aber auch von einer Zeitlosigkeit, die deutlich macht, wie Künstler die Welt, die sie umgibt, mit ihren Worten, seien sie nun wütend, profan, persönlich oder lebendig, in ein einzigartiges Werk verwandelt und mit diesem wiederum Einfluss auf diesen Ursprung des Werkes nimmt.

So präsentiert sich „Straight Outta Compton“ von F. Gary Gray („Gesetz der Rache“, „Verhandlungssache“) in den äußeren Elementen wie ein konventionelles Biopic aus der Musikwelt, in seinen inneren Werten aber als ungemein menschlicher und persönlicher Film, voller echter Charaktere und einem scharfen Blick fürs Detail. „Straight Outta Compton“ richtet sich dabei an Hip-Hop Connaisseure und Novizen in Sachen 16 Bars gleichermaßen. Universal hat mit „Straight Outta Compton“ einen mutigen Film für den Sommer gewählt. Einer, der sich sicherlich für das Studio rentieren wird. Denn umgeben von den üblichen „weißen“ Tentpole-Filmen sticht die Geschichte um den meteorietenhaften Aufstieg der größten West-Coast Rapper, ihren Kämpfen untereinander und deren Erfahrung, dass das Musikgeschäft genau so hart und wild sein kann, wie das Leben auf L.A.s heißen Straßen, angenehm hervor.

Genau diese erschütterte N.W.A. 1988 mit ihrem Debütalbum „Straight Outta Compton“. Aus Sicht des Hip-Hops war die Welt in bodenständigen East-Coast Klängen gefangen. „Straight Outta Compton“ setzte sich auch mit seinem aggressiven Sound und den direkten Lyrics diametral vom bisher dominanten New Yorker Stil ab. Es zeichnet noch immer die Blaupause für das „Thug“-Life und bildet bis heute die Bibel des Gangsta-Raps, auch wenn die Mitglieder von N.W.A. Ihren Stil immer lieber als „Reality Rap“ bezeichneten. Gemeinsam mit dem ebenfalls 1988 erschienen Album „It Takes a Nation of Millions to Hold Us Back“ von Public Enemy erhebt sich „Straight Outta Compton“ – und mit sich ein ganzes Genre – in die Liga von Protesthymnen, die mehr als nur eine Generation bestimmten (und noch immer bestimmen).

O’Shea (aka Ice Cube) Jackson (gespielt von seinem eigenen Sohn O’Shea Jr.) sagte darüber, dass seine Bandkollegen und er doch eigentlich nur Berichtserstatter in den Schützengräben zwischen Daryl Gates LAPD und den von allen wichtigen Ressourcen abgeschnittenen Vierteln der schwarzen Mitbürger L.A.s seien. N.W.A. war pure Konfrontation, bedeutet doch schon ihr Name „Niggaz With Attitude“.

Gangsta Gangsta
Grays Film „Straight Outta Compton“, ein Werk welches 2,5 Stunden voller Eindrücke historischer und musikalischer Natur einschließt, erzählt nicht nur die Geschichte von N.W.A., es erzählt im gleichen Maße auch die Geschichte von Los Angeles bis zur gewalttätigen Explosion der aufgestauten Kräfte in den Unruhen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen von 1992. Doch seinen Anfang nimmt er mit der Grundsteinlegung von N.W.A., wenn sich Ice Cube mit dem jungen und aufstrebenden DJ Andre (aka Dr Dre) Young (gespielt von Corey Hawkins) befreundet und sie gemeinsam versuchen vom Viertel-Dealer Eric (aka Easy-E) Wright (gespielt von Jason Mitchell) die Kohle zu erhalten, die sie brauchen um ihr eigenes Label „Ruthless“ auf die Beine zu stellen. Wright (wirklich perfekt von Mitchell dargestellt) ist schnell auch der Charakter, der in „Straight Outta Compton“ die meiste Fläche und die tiefsten Dimensionen aufweist. Ein Art Napoleon des Hip-Hops, hinter dessen kleiner Statur und hoher Stimme sich ein knallharter Geschäftsmann verbirgt.
Express Yourself
Auch wenn Gray, der schon „Friday“ zusammen mit Ice Cube gedreht hat, immer wieder in die klassischen Muster von biografischer Darstellung zurückweichen muss, so bereichert er selbst diese bekannten Stellen mit einer Fülle an Details, die „Straight Outta Compton“ weit über die üblichen Klischees erhebt. Vieles davon geht dabei natürlich auch auf die detailversessene Arbeit und Recherchen durch die Autoren Jonathan Herman und Andrea Berloff („Wolrd Trade Center“), sowie S. Leigh Savide, Alan Wenkus und erneut Berloff zurück, die die literarische Vorlage zum Drehbuch lieferten.
Die Live-Auftritte, sowie die Szenen während der Arbeiten an den Alben haben einen semi-improvisierten Stil, der extrem zwanglos und echt wirkt. Auf seine Art funktioniert er ähnlich dem, erst im Juni im Kino hierzulande erschienen, Beach Boys Film „Love & Mercy“ und ist von gleicher, wenn nicht sogar noch höherer Qualität.
Dabei wird der Film fast ohne Schurken erzählt, selbst wenn Charaktere nahe des Monströsen agieren, so sucht (und findet) „Straight Outta Compton“ immer nach einer Begründung für ihr Handeln. Einzige Ausnahme bildet hierbei Marion (aka Suge) Knight, der schon allein durch die Präsenz von Kampfsportler und Stuntman R. Marcos Taylor zu einer beängstigenden Erscheinung wird. Mit seinen Helden springt der Film ähnlich um. Viele ihrer nach außen getragenen Eigenschaften sind mehr Performance als Realität und einige sogar einfach Verteidigungsmechanismen in einem alltäglichen Konflikt, in dem ein Unbeteiligter schnell zwischen echten Gangstern und der Polizei, die keine Unterscheidung trifft, aufgerieben werden kann. In Anbetracht von Ferguson und anderen Orten ein Umstand, der „Straight Outta Compton“ mehr als nur einen Kälteschauer über den Rücken senden lässt.
Parental Discretion Iz Advised
Handwerklich bewegt sich „Straight Outta Compton“ ebenfalls in höchsten Sphären. Matthew Libatique („The Fountain“, „Iron Man“, „Black Swan“) liefert ein weites und fein texturiertes Bild. Es wird gänzlich auf abgetragenen und ausgelutschte Szenerien verzichtet, wenn Libatique South Central darstellt. Stattdessen wird ein fesselndes und lebendiges Bild einer Stadt unter Hochdruck gezeichnet. Die Schnittarbeiten von Billy Fox („Black Snake Moan“, „Vier Brüder“, „Dark Places“) und Michael Tronick („Wolfman“, „2 Guns“) halten währenddessen die Narrative immer in Bewegung und nah am Beat. Dieser wird selbstverständlich durch den enzyklopädischen Schatz von N.W.A., den Soloauftritten seiner Mitglieder und ihren R&B Inspirationen geliefert und ist mit dem selben Blick für Details wie eigentlich alles in „Straight Outta Compton“ zusammengestellt.

 

Julius Zunker