152 türkischen Abgeordneten stehen nach Immunitätsaufhebung Anklagen bevor
Ankara (nex) – Nach einer Information, die am gestrigen Mittwoch nach der Zustimmung des Präsidenten zur Immunitätsaufhebung herausgegeben wurde, könnten 152 türkische Abgeordnete in fast 800 Fällen angeklagt werden.
Zuvor wurde erwartet, dass gegen 138 der insgesamt 550 Abgeordneten in der Großen Nationalversammlung Strafverfolgung eingeleitet würde, nachdem Präsident Recep Tayyip Erdogan den Verfassungsänderungen zur Geltendmachung von Strafanzeigen, die gegen sie eingereicht wurden, zugestimmt hatte.
Die neuesten Informationen vom Parlament und Justizministerium zeigen, dass weitere 14 Abgeordnete ebenfalls strafrechtlich verfolgt werden könnten.
Von den vier im Parlament vertretenen Parteien hat die größte Oppositionspartei, die Republikanische Volkspartei (CHP), 57 Abgeordnete, die eine Strafanzeige erhalten werden, während 55 Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) mit einer Strafverfolgung rechnen müssen.
Die regierende Partei für Gerechtigkeit und Fortschritt (AKP) führt 29 Abgeordnete auf der Liste. Bei der kleinsten im Parlament vertretenen Partei, der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), sind es zehn Abgeordnete. Auch eine parteilose Abgeordnete ist unter denen, die mit einer Strafverfolgung rechnen müssen.
Die 799 Strafanzeigen gegen die Parlamentarier lassen sich in drei Straftatengruppen aufteilen: Beleidigung des Präsidenten, Unterstützung des Terrors und der Korruption und andere Straftaten.
Die Abgeordneten können erst 15 Tage nach der Veröffentlichung einer Mitteilung über die Verfassungsänderungen im Amtsblatt strafrechtlich verfolgt werden, womit man in den nächsten Tagen rechnet.
Die Abgeordneten von HDP und CHP erwarten 511 bzw. 211 Strafanzeigen. AKP-Abgeordnete sehen sich 50 Vorwürfen ausgesetzt, während MHP-Mitglieder 23 Straftaten bezichtigt werden. Gegen die Parteilose Aylin Nazliaka liegen fünf Strafanzeigen vor, eine davon wurde gegen sie und einen CHP-Abgeordneten gemeinsam erstattet.
Jeder Abgeordnete, der wegen einer Straftat verurteilt wird, verliert seinen Sitz im Parlament. Sie würden jedoch erst ersetzt werden, wenn mindestens fünf Prozent der Abgeordneten ihren Sitz verlieren würden. In diesem Fall würden Neuwahlen ausgerufen werden. Wenn alle Abgeordnete einer Provinz ihre Sitze verlieren würden, würde in dieser Provinz eine Wahl stattfinden.
Beide Regelungen kämen nicht zum Einsatz, wenn festgelegte Wahlen länger als ein Jahr in der Zukunft liegen. Die nächsten Parlamentswahlen in der Türkei sind für den November 2019 vorgesehen.
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