Der ehemalige EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD) hat die EU-Politik von Bundeskanzlerin Merkel (CDU) scharf kritisiert.
Verheugen äußerte sich am Freitag im Inforadio vom rbb besorgt über die Uneinigkeit beim EU-Gipfel in Brüssel. „Der ganze Ablauf dieses Gipfels scheint ja zu zeigen, dass der innere Zustand der EU ständig schlechter wird“, sagte Verheugen. „Es stimmt schon sehr bedenklich, wenn Deutschland und Frankreich, also die beiden stärksten Kräfte in der EU, sich […] nicht durchsetzen können.“
Das sei die Folge jahrelanger schwerer Versäumnisse, erklärte der ehemalige EU-Kommissar. Daran hätten auch Deutschland und die Kanzlerin ihren Anteil: „In den schweren Krisen, von denen die EU in den letzten 15 Jahren geschüttelt worden ist – also Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Coronakrise -, hat Deutschland eher dazu beigetragen, die Risse in der EU zu verbreitern.“
Am schlimmsten sei das während der Finanzkrise gewesen, so Verheugen. „Deutschland hat rücksichtslos seine Interessen auf Kosten der kleineren und schwächeren Staaten durchgesetzt. Und das hat tiefe Spuren hinterlassen.“ Aber auch Merkels Entscheidung zur Öffnung der Grenzen in der Flüchtlingskrise sei „auf völliges Unverständnis bei den Partnern gestoßen, weil sie nicht informiert wurden darüber“. Und auch das habe „dramatische Folgen“ gehabt.
Verheugen lobte aber auch. Merkel habe der EU Stabilität gegeben und dafür gesorgt, dass die Staatengemeinschaft überhaupt noch besteht. Das sei wahrscheinlich ihr größter Erfolg.