Ein Gastbeitrag von M. Teyfik Oezcan
Eine wehrhafte Demokratie mit einer funktionierenden Zivilgesellschaft ist in unserem Land ein wichtiges Fundament für die persönliche Freiheit der Bürger sowie für eine nachhaltige Entwicklung und die Zukunftsfähigkeit Deutschlands.
Ein weiterer Indikator, wie es um unsere Demokratie bestellt ist, zeigt u.a. der Umgang des Staates mit ihren Minderheiten. Wenn man sich die letzten 60 Jahre Revue passieren lässt, kann man konstatieren, dass unsere Demokratie auf gesunden Beinen steht und auch für die Zukunft die Aussichten sich optimistisch, trotz der gewaltigen Herausforderungen, anhören.
Das Zusammenleben der unterschiedlichen Kulturen gestaltete sich bisher in einem friedvollen Rahmen und wurde getragen von einem hohen gesellschaftlichen Konsens. Diese gesunde Einstellung sollte auch weiterhin als Basis dienen für einen respektvollen Umgang miteinander. Bei der aktuellen Diskussion über die Corona Infektionen bei Bürgern mit Kulturvielfalt wird auf populistische Art und Weise aber eine Minderheit pauschal diffamiert und stigmatisiert, ohne den Versuch zu unternehmen zu differenzieren und auf eine tiefgründige Spurensuche der offenen Beschuldigungen zu gehen.
Diffamierungen sorgen für ein Déjà-vu Erlebnis
Die in Deutschland lebenden Menschen mit Kulturvielfalt sind in der Vergangenheit mit den Verleumdungen der Medien und Politiker aufgewachsen, wenn es nach der Veröffentlichung der Kriminalstatistik um die Frage ging, ob die „Ausländer“ krimineller seien als die Mehrheitsgesellschaft. Pauschale Vorverurteilung, ohne eine ernsthafte Analyse zu fahren, führte zu einer bewussten Diskreditierung einer gesellschaftlichen Gruppe. Diese unreflektierte Berichterstattung brannte sich aber in das Bewusstsein der Mehrheitsgesellschaft nachhaltig ein. Bei eingehender Untersuchung und Differenzierung der Kriminalstatistik konnten schon damals Grundschulkinder diese haltlosen Beschuldigungen widerlegen.
Medien: Besonders viele Migranten auf Intensivstationen
Natürlich gibt es in allen Gesellschaftsgruppen Ignoranten und Leugner der Corona Pandemie, die die Regeln leichtsinnig missachten. Es gibt aber bis dato keine evidenzbasierte Datenlage, die auf eine erhöhte Infektionsrate bei Bürgern mit Kulturvielfalt schließen lässt. Unabhängig davon zeigen erste Studien, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen der sozialen Lage und dem Grad des Infektionsrisikos. Bürger mit Kulturvielfalt arbeiten überproportional in systemrelevanten Berufen, wo ein persönlicher Kontakt mit den Kunden unausweichlich ist im Gegensatz zu den Berufsgruppen, die sicher im abgeschirmt Büro ihrer Arbeit nachgehen können.
Ferner wohnen sie in kleineren Wohnungen und nutzen vermehrt die öffentlichen Verkehrsmittel, wo das Risiko angesteckt zu werden viel höher liegt, als bei Bürgern, die in ihrem eigenen Haus wohnen und mit dem eigenen Fahrzeug täglich alleine zur Arbeit fahren, vorausgesetzt natürlich sie sind nicht im Homeoffice tätig. Des Weiteren muss man berücksichtigen, dass Bürger mit Kulturvielfalt überproportional in Körper intensiven Berufen wie beispielsweise im Bergwerk, im Hoch- oder Tiefbau vertreten sind.
Daher ist es unmoralisch sowie verwerflich eine Minderheit zu stigmatisieren und sie für die Verbreitung der Pandemie verantwortlich zu machen. Wenn man sich zudem die Sieben-Tage-Inzidenz-Rate der letzten Monate zur Gemüte führt, wird man unweigerlich feststellen, das Infektionsgeschehen ist im Osten von Deutschland am höchsten, wo sehr wenige Bürger mit Kulturvielfalt dauerhaft ihren Lebensmittelpunkt haben.
Also bevor auf die Bundestagswahl schielende Politiker und Teile der deutschen Medien sich blindlings in populistischer Manier echauffieren, wäre eine nüchterne Bestandsaufnahme im Interesse der Wahrheitsfindung und des sozialen Friedens in Deutschland wünschenswert.
Eine wehrhafte Demokratie sollte sich dieser Demagogie entgegenstellen!
Dieser Gastbeitrag gibt die Meinung des Autors wieder und stellt nicht zwingenderweise den Standpunkt von nex24 dar.
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