Baku – In einer gemeinsamen Erklärung haben in Aserbaidschan fast 50 Parteien die Bezeichnung der Ereignisse im damaligen Osmanischen Reich durch US-Präsident Joe Biden als „Völkermord“ aufs Schärfste verurteilt.
„Untermauert von historischen Fälschungen hat der armenische Staat immer wieder zu verschiedenen Provokationen gegriffen. Seit Jahrzehnten versuchen die armenische Propagandamaschine und ihre Unterstützer zu beweisen, dass im Osmanischen Reich ein „Völkermord“ an den Armeniern begangen wurde und die ganze Welt davon zu überzeugen“, so die Stellungnahme.
In Wahrheit seien jedoch „viele Armenier aufgrund der schwierigen Kampfbedingungen, interner Konflikte, Hungersnöte und Krankheiten“ ums Leben gekommen, betonten die Parteien in der gemeinsamen Erklärung.
Es wird jedoch absichtlich übersehen, dass in dieser Zeit mehr Türken als Armenier starben
Wenn das Ziel eine objektive Untersuchung der historischen Fakten ist, sollte die historische Realität nicht für politische Zwecke verzerrt werden, so die Stellungnahme weiter. Diese Arbeit solle spezialisierten internationalen Forschungseinrichtungen sowie bekannten Historikern anvertraut werden. Die Türkei habe wiederholt ihre Bereitschaft erklärt, ihre Archive für Historiker zu öffnen und die Einrichtung einer gemeinsamen Kommission zur Wahrheitsfindung vorgeschlagen.
„Die heimtückische Politik Eriwans wird durch aberwitzige Forderungen und Ansprüche wie Entschädigung und Abtretung eines Teils des türkischen Territoriums an Armenien untermauert. Die Benennung der östlichen Provinzen der Türkei als „Westarmenien“ in der armenischen Literatur dient ebenfalls dazu, diese Ansprüche zu formalisieren.“
Hodschali Massaker
In der Stellungnahme sprachen die Politiker auch die Gräueltaten an der aserbaidschanischen Bevölkerung während des „Hodschali Massakers“ durch armenische Einheiten an.
In der Ortschaft Hodschali haben armenische Einheiten in der Nacht vom 25. auf den 26. Februar 1992 über 613 Zivilisten (Frauen, Kinder und Alte) mit einer unglaublichen Brutalität auf bestialische Weise ermordet und die Ortschaft komplett zerstört.
Deutsch-aserbaidschaner kritisieren Äußerungen
Auch in Deutschland lebende Aserbaidschaner haben die Äußerungen des US-Präsidenten verurteilt.
„Die Vereinigten Staaten und Armenien werden am meisten unter Bidens Aussage leiden. Es ist klar, dass sich in der Realität nichts Wesentliches ändern wird, egal was Biden sagt. Das Wort des Präsidenten der Vereinigten Staaten ist kein internationales Gericht, es hat keine Rechtskraft. Zuletzt möchte ich die Worte des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu zitieren: „Worte können die Geschichte nicht verändern oder umschreiben“, so etwa der in Berlin lebende Adil Schamiyev, Student an der Potsdam Universität und ehemaliger Korrespondent der AzVision gegenüber NEX24.
Schamiyev:
„Vor sechsunddreißig Jahren benutzte Präsident Reagan den Begriff des “Genozids” in Bezug auf die Ereignisse zwischen 1915 und 1923 im Osmanischen Reich. Jetzt hat dies Biden gemacht. Es ist anzumerken, dass die Vereinigten Staaten in den letzten Jahrzehnten jedes Jahr am Vorabend des 24. April psychologischen Druck auf die Türkei ausgeübt haben, und es wurde mit Interesse beobachtet, wie die Präsidenten der Vereinigten Staaten diese Ereignisse einstufen werden. Jetzt hat die USA dieses wichtige Druckmittel verloren.
Diese Erklärung, die Ereignisse von 1915 als Völkermord zu bezeichnen, ist meiner Meinung nach ein Geschenk für Pashinjan. Es ist kein Zufall, dass die armenische Opposition derzeit die Erklärung des US-Präsidenten vom 24. April als eine Änderung der Kräfteverhältnisse zugunsten Pashinjans bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am 20. Juni interpretiert.“
Biden stuft Tod Hunderttausender als Völkermord ein
Als erster US-Präsident hatte Joe Biden am Samstag die Einstufung der Ereignisse von 1915 als Genozid bezeichnet.
„Wir gedenken all derer, die im Völkermord an den Armeniern während der Zeit der Osmanen gestorben sind“, erklärte er zum 106. Jahrestag der Massaker. Es handele sich um die Bestätigung einer historischen Tatsache und gehe nicht darum, der Türkei „Vorwürfe zu machen“, betonte Biden. Die Anerkennung der Geschichte sei wichtig um zu verhindern, „dass solch eine Gräueltat sich jemals wiederholt“.
Die Türkei erkennt die Tragödie hinter den Todesfällen Hunderttausender Menschen an, die von 1915 an im Zusammenhang mit den Ereignissen in Ostanatolien während des Ersten Weltkrieges ihr Leben verloren hatten. Allerdings verwahrt sich die Türkei gegen die Beurteilung der Ereignisse als „Völkermord“ und spricht von einer beiderseitigen Tragödie.
Ankara hat wiederholt die Bildung einer gemeinsamen internationalen Historikerkommission angeregt, um die Ereignisse vom Grunde her aufzuarbeiten und historisch zu bewerten. Die Regierung des Osmanischen Reiches hatte 1915 die Deportation armenischer Bevölkerungsteile aus der Region beschlossen, nachdem sich armenische Terrormilizen und Teile der Bevölkerung mit der russischen Armee verbündet hatten, die im Osten an der Kaukasusfront in osmanische Gebiete vorrückte.
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