Brüssel – Die Türkei ist ein Land, „an dessen Verankerung wir in der NATO starkes Interesse haben“, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Dienstag in einer Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor dem NATO-Außenministertreffen in Brüssel.
Die Türkei sei ein „starker und geschätzter Verbündeter“. Es sei im Interesse der NATO, die Türkei im Block zu haben, so Blinken auf eine Frage von Rosa Balfour, Direktorin der Denkfabrik Carnegie Europe. Balfour bemerkte in ihrer Frage, eine „zunehmend besondere Beziehung der Türkei zu Russland und China und welche Art von Herausforderung dies für die NATO darstelle.
„Es ist kein Geheimnis, dass wir Differenzen mit der Türkei haben, einschließlich über die S-400 und auch bestimmter Maßnahmen, die ergriffen werden, wie etwa im östlichen Mittelmeer. Es ist auch kein Geheimnis, dass die Türkei ein langjähriger und geschätzter Verbündeter ist, und einer, von dem ich glaube, dass wir ein starkes Interesse daran haben, in der NATO verankert zu bleiben, und ich glaube, dass das auch im Interesse der Türkei ist“, so der US-Außenminister weiter.
Die Beziehungen zwischen den beiden NATO-Verbündeten sind wegen einer Vielzahl von Themen angespannt. Im Dezember sanktionierten die Vereinigten Staaten die Türkei für den Kauf russischer S-400-Verteidigungssysteme, während Ankara durch die US-Unterstützung für die kurdische YPG-Miliz in Syrien, die es als terroristische Organisation betrachtet, verärgert ist.
Beide Länder haben in letzter Zeit jedoch die Bereitschaft zur Wiederannäherung signalisiert. Biden werde künftig die „strategische Partnerschaft“ mit der Türkei zur Lösung regionaler Probleme wie in Libyen, wo beide Länder den Einfluss Russlands eindämmen wollen, weiterhin ehren, so eine namentlich nicht genannte Quelle gegenüber Middle East Eye. Viele in Ankara haben auch das Angebot der US-Regierung, der türkischen Führung eine Vermittlerrolle bei den Afghanistan-Verhandlungen zu geben, als Teil dieser Strategie interpretiert.
NATO-Gipfel in Brüssel
Erstmals seit Ende 2019 kommen die Außenminister des Bündnisses am Mittwoch in Brüssel wieder persönlich zusammen und beraten unter anderem über die Lage in Afghanistan. US-Außenminister Antony Blinken kommt aus diesem Anlass erstmals nach Brüssel. Am Dienstag beraten die Außenminister neben den Einsätzen in Afghanistan und im Irak auch über die Ausrichtung der Allianz in den nächsten zehn Jahren.
NATO-Chef Jens Stoltenberg erläuterte am Montag, dass sich nun die Gelegenheit biete, ein neues Kapitel in den transatlantischen Beziehungen aufzuschlagen, und dass sich die Minister über die Initiative NATO 2030 zur Anpassung des Bündnisses austauschen werden. „Wir müssen mutig und ehrgeizig sein, um ein stärkeres Bündnis für die Zukunft aufzubauen. Denn wir leben in einer gefährlicheren und wettbewerbsintensiveren Welt, in der die Herausforderungen keine Grenzen kennen“ sagte Stoltenberg bei einer Pressekonferenz am Montag.
Der NATO-Chef nannte „destabilisierenden Aktivitäten Russlands, Bedrohung durch den Terrorismus, ausgeklügelte Cyber-Attacken, disruptive Technologien, der Aufstieg von China und der Klimawandel“, als künftige Herausforderungen für das Verteidigungsbündnis.
„Deshalb müssen wir unsere Einigkeit stärken, die sich aus unserem Versprechen ableitet, uns gegenseitig zu verteidigen.
Seit 2014 haben wir die größte Anpassung unserer kollektiven Verteidigung seit dem Kalten Krieg umgesetzt.“
„Die Bündnispartner werden ihre Konsultationen über die Lage in Afghanistan fortsetzen und eine Bestandsaufnahme der Unterstützung der NATO für wichtige Partner im Nahen Osten und in Nordafrika vornehmen“, so Stoltenberg. Zudem soll in einer Sitzung mit Vertretern aus Finnland und Schweden sowie dem Hohen Rat der EU die Beziehungen zu Russland behandelt werden.
„Ich bin hierher gekommen, um das unerschütterliche Bekenntnis der USA zur NATO auszudrücken“, sagte Blinken am Dienstag. Er betonte, dass die USA das Bündnis wiederbeleben wollen aber zugleich sicherstellen, dass die NATO „auf die Herausforderungen aus China“ fokussiert bleibe.
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