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Militäroffensive in Syrien
Türkischer Botschafter: 300.000 syrische Kurden fanden Zuflucht in der Türkei

Der türkische Botschafter zu Berlin, Ali Kemal Aydın, hat sich in einer auf der Webseite der Auslandsvertretung veröffentlichten Stellungnahme zu der andauernden Anti-Terror-Offensive der türkischen Streitkräfte in Nordsyrien geäußert. 

(Foto: TC Berlin)
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Von Ali Kemal Aydın

Für ein Fließen der Quellen des Friedens in Syrien

Die Türkei hat die längste Landesgrenze mit Syrien. Sie ist deshalb das Land, das am meisten von den Kampfhandlungen in Syrien betroffen ist. Seit Beginn der syrischen Krise mussten wir große Opfer auf uns nehmen. Wir haben unsere Grenze ohne zu zögern für Millionen Syrer geöffnet, die vor der Unterdrückung durch das Assad-Regime und die Terrororganisationen DAESCH (IS, Anm. Red.) und PYD/YPG flohen. Dabei haben wir nicht zwischen Ethnien oder religiöser Zugehörigkeit unterschieden. So leben nach wie vor mehr als 300.000 syrische Kurden in unserem Land, die Zuflucht in der Türkei gefunden haben.

Wir sind ein engagiertes Mitglied der Internationalen Koalition gegen den DAESCH und das einzige Land, das dagegen mit Bodentruppen kämpft. Wir haben allein mehr als 4.000 DAESCH-Terroristen außer Gefecht gesetzt. Mit der erfolgreich abgeschlossenen Operation Schutzschild Euphrat im Jahr 2017 und der Operation Olivenzweig im Jahr 2018 haben wir ein Gebiet von über 4.000 km2 vom Terror befreit. Dank dieser Operationen konnten mehr als 360.000 Syrer aus der Türkei in ihre Häuser in diesem Gebiet zurückkehren.

Die Terrorgefahr für unsere Grenze, die von Syrien ausgeht, ist allerdings noch nicht zu Ende. In den letzten zwei Jahren waren wir über hundert feindlichen Handlungen durch die PYD/YPG jenseits der Grenze östlich des Euphrats ausgesetzt. Selbstmordattentate wurden in unseren Großstädten verübt. Dutzende Zivilisten fielen diesen zum Opfer. Unsere Erwartungen und Empfindlichkeiten in Bezug auf diese Bedrohung haben wir gegenüber allen unseren Verbündeten mehrfach und auf allen Ebenen geäußert. Wir haben immer wieder betont, gegebenenfalls nicht zu zögern, von unserem aus dem Völkerrecht resultierenden Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch zu machen. Doch unsere Bemühungen in dieser Hinsicht blieben leider ergebnislos.

Genauso wie der DAESCH nicht die Muslime vertritt, so ist auch die PYD/YPG kein Vertreter der syrischen Kurden. Sie ist eine Terrororganisation. Sie und die PKK, die seit Jahrzehnten tausende Menschen in der Türkei ermorden, sind ein und dasselbe. Sie verfügt über dieselbe Führung und Ideologie. Die PYD/YPG zwingt in den eroberten Gebieten ihre Ideologie durch Unterdrückungsmethoden auf und strebt an, einen an unserer Grenze entlang verlaufenden Korridor in einen Terrorstaat zu verwandeln. Neben den Kurden, die diese Ideologie nicht anerkennen, werden in der Region auch Araber, Turkmenen und christliche Jesiden durch die PYD/YPG unterdrückt. Es kann nicht erwartet werden, dass die Türkei dies hinnimmt.

Dass die PYD/YPG den DAESCH durch die großzügige Unterstützung aus dem Ausland bekämpft hat, um ihr Herrschaftsgebiet auszuweiten, ändert nichts an der Tatsache, dass sie eine Terrororganisation ist. Um es konkreter auszudrücken, war das Motiv der PYD/YPG bei der Bekämpfung des DAESCH in Syrien vielmehr die Festigung und Ausdehnung ihres auf unrechtmäßige Weise eroberten Gebietes, als ihr Einsatz für Freiheit und humanitäre Werte. Zudem gibt es glaubwürdige Beweise dafür, dass von der PYD/YPG festgehaltene DAESCH-Terroristen freigelassen wurden, um im Gegenzug in die Türkei geschleust zu werden und dort Terroranschläge zu verüben.

Vor diesem Hintergrund haben wir am 9. Oktober unsere Operation Friedensquelle begonnen.

Das Ziel dieser Operation wird es sein, die Grenzsicherheit unseres Landes zu gewährleisten, Terroristen in der Region außer Gefecht zu setzen und dadurch Syrer vor Unterdrückung und Verfolgung durch Terroristen zu schützen. Ein weiteres Ziel ist es, die internationalen Bemühungen zur Erleichterung der sicheren und freiwilligen Rückkehr von vertriebenen Syrern in ihre Heimat, oder an einen anderen Ort ihrer Wahl in Syrien, zu unterstützen. Dies soll im Einklang mit dem Völkerrecht und in Abstimmung mit den zuständigen UN-Organisationen geschehen. Die Operation wird auf der Grundlage des Völkerrechts durchgeführt, unter vollständiger Wahrung der territorialen Integrität und Einheit Syriens.

Die Türkei verfolgt hierbei nicht, wie manche behaupten, das Ziel, die demographische Struktur im Einsatzgebiet zu verändern. Im Gegenteil: Diese Anti-Terror-Operation soll Syrern die Rückkehr erleichtern, die aufgrund von Handlungen der PYD/YPG vertrieben wurden, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, darunter auch ethnische Säuberungen. Die Sicherheitszone, die wir errichten wollen, ist der vernünftigste, plausibelste und humanitärste Weg für eine Rückkehr der Syrer in ihre Heimat. Dadurch werden Syrer nicht mehr gezwungen sein, Zuflucht in Europa und anderen Regionen zu suchen.

Die Bundesrepublik Deutschland ist dasjenige europäische Land, das die Auswirkungen der Krise in Syrien am stärksten spürt. Vor diesem Hintergrund sind wir zutiefst enttäuscht von der oberflächlichen, unüberlegt wirkenden Reaktion der deutschen Seite auf die Operation Friedensquelle. Von unserem Partner und NATO-Verbündeten Deutschland hätten wir mehr Rücksicht, mehr Verständnis, mehr Unterstützung erwartet. Es schickt sich nicht, aus der Ferne Lektionen zu erteilen an eine Türkei, die sich mit allen Kräften um den Schutz ihrer eigenen Sicherheit sowie die Schaffung von Frieden in Syrien bemüht. Wir verdienen die Rückendeckung unserer Freunde.

Es sollte hier angemerkt werden, dass das Problem der ausländischen Terrorkämpfer nur durch gemeinsames Handelnder internationalen Gemeinschaft angegangen werden kann. Wir als die Türkei sind der Überzeugung, dass die Rückführung aller ausländischen Terrorkämpfer seitens ihrer Herkunftsländer die einzige nachhaltige Lösung ist. Alle Seiten müssen hierfür gemeinsam arbeiten.

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– „Friedensquelle“ –
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