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Invest in Turkey – Forum
Jurgens: Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ankara und London geht es bestens

Rund um Recep Tayyip Erdogans dreitägigen Besuch in Großbritannien gab es eine Vielzahl von Veranstaltungen, die vor allem eines im Mittelpunkt hatten: die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ankara und London. Und denen geht es bestens! NEX24 hatte die Gelegenheit, bei zwei dieser Foren mit dabei zu sein, zu denen waren unter anderem Unternehmer, Rechtsexperten, Handelskammern, Finanzexperten und Ministeriumsvertreter aus beiden Ländern eingeladen waren.

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Von Klaus Jurgens

Türkische Unternehmer und Investoren sehen England als perfekten Standort

London – Man darf es durchaus als „Woche der Türkei“ bezeichnen, die letzten Mittwoch am Abend mit der Ankunft der ersten Gäste begann und während dieser Artikel verfasst wird, sogar noch andauert: das Vereinigte Königreich war Schauplatz für eine in dieser Größenordnung und zeitlichen Kompaktheit noch nie gesehene Anzahl von offiziellen Veranstaltungen mit und für offizielle Besucher aus der Türkei.

Natürlich ist die Anwesenheit von Präsident Recep Tayyip Erdoğan der eigentliche Anlass; sein Staatsbesuch wird als Ausdruck der besonders guten Beziehungen zwischen beiden Ländern betrachtet und wird hier in politischen Kreisen auch genauso bewertet. Der Präsident selber hatte ein volles Programm, welches Gespräche mit Premierministerin Theresa May und als Höhepunkt einen Empfang bei der britischen Königin Elisabeth II beinhaltete. Hier dürften wohl Themen der globalen Politik ebenso wie zwischenstaatliche Fragen auf der Tagesordnung gestanden haben.

Rundherum um seinen dreitägigen Besuch gab es dann aber eine Vielzahl von Veranstaltungen, die vor allem eines im Mittelpunkt hatten: die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ankara und London. Und denen geht es bestens!

NEX24 hatte die Gelegenheit, bei zwei dieser Foren mit dabei zu sein, zu denen unter anderem Unternehmer, Rechtsexperten, Handelskammern, Finanzexperten und Ministeriumsvertreter aus beiden Ländern eingeladen waren. Im ersten Treffen ging es um die Frage, wie türkische Investoren und Unternehmer das Vereinigte Königreich (also nicht nur den Finanzplatz London, sondern auch andere gut erreichbare Landesteile) als Drehscheibe für ihre strategischen Partnerschaften weiter nützen und ausbauen könnten.

Man stelle sich das so vor: Eine türkische Firma vereinbart mit ihrem britischen Gegenüber, gemeinsam zu produzieren. So lange der Anteil der britischen Komponenten hierbei 20 Prozent nicht unterschreitet, gibt es sogar staatliche Fördermittel oder zumindest Bankgarantien für erforderliche Kredite.

Dann wird exportiert und zum Beispiel gemeinsam in Asien verkauft. Britische Firmen haben nun mal extrem gute globale Netzwerke und Absatzmärkte. Türkische Firmen bieten Top-Qualität ihrer Produkte an – perfektes Win-Win.

Alternativ kann ein türkischer Unternehmer natürlich auch ganz alleine vorgehen und seine Produkte in eigener Regie in England absetzen. Hierfür braucht man eventuell gar keine eigene Fabrik, sondern nur britische Logistikpartner; es ist eben alles eine Kostenfrage, ob die Produktion vor Ort nicht doch ratsamer ist.

Nur als weiteres Beispiel, ohne einzelne Firmen bewerben zu wollen: Zwei türkische Unternehmen sind gerade dabei, den britischen Markt immer weiter zu erobern, Beko und Simit Sarayı. Es gibt Vermutungen in Insiderkreisen, dass Beko bald der bekannteste internationale Haushaltsgerätehersteller hier sein und Simit Sarayı weiter expandieren wird. Zurzeit hat die Kaffeehaus-Kette bereits 22 (!) Niederlassungen im Vereinigten Königreich. Rund 200 türkische Firmen sind bereits im Vereinigten Königreich niedergelassen.

Die zweite Gesprächsrunde, an der ich teilnahm, befasste sich mit der umgekehrten Situation: Wie können britische Unternehmer und Investoren dazu verleitet werden, sich noch mehr in der Türkei zu engagieren?

Einige Zahlen: Es werden derzeit 92 Produktkategorien zwischen beiden Ländern gehandelt; man spricht hier von Gruppen von Produkten und nicht von Einzelprodukten, also eine enorm hohe Zahl und Vielfalt. Das bilaterale Handelsvolumen spricht ebenso für sich: Wir reden hier von einer Gesamtsumme von 16 Milliarden US-Dollar; Präsident Erdoğan sprach im Vorfeld seines Besuches an, dass sich dies bald auf 20 Milliarden erhöhen könnte.

Der Brexit spielte hier natürlich auch seine Rolle; sobald umgesetzt, kann London seine eigenen Freihandelsabkommen abschließen. Die Türkei bliebe zwar weiterhin ein EU-Beitrittskandidat, aber es gibt Hinweise darauf, dass, falls die EU und Großbritannien sich nicht auf eine weitere gemeinsame Marktdefinition einigen und sich eventuell sogar von der gemeinsamen Zollunion verabschieden, dann Ankara und London ohne europäische Vorgaben gemeinsam beraten und verabschieden können.

Dieser Punkt wurde hier im Londoner Stadtteil Westminster im sechsten „Invest in Turkey Forum“ in der vergangenen Woche selbstredend breit diskutiert und allem Anschein nach von Rechtsexperten als die wahrscheinlichste Lösung angesehen.

Und es gibt da noch einen weiteren positiven Punkt zu berichten. Ankara und London, die Türkei und das Vereinigte Königreich, verstehen sich bestens. Nicht nur die Politiker, sondern auch die Wirtschaftsbosse. Und vor allem die Bürgerinnen und Bürger beider Staaten ebenso. Man besucht sich, man kennt sich, man vertraut sich.

Wäre es nicht schön, wenn sich von dieser Positivität, von dieser Normalität einige andere europäische Staaten und ihre Repräsentanten auch anstecken lassen würden?

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Klaus Jurgens

Klaus Jurgens – London School of Economics Postgraduate Degree Government. Vormals Uni-Dozent Ankara, Schwerpunkt BWL und KMU. Über zehn Jahre vor Ort Erfahrung Türkei. Zur Zeit wohnhaft in Wien. Politischer Analyst und freiberuflicher Journalist.