Von Thomas Bernhard
Belek (nex) – Bei dem Pressegespräch des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu mit deutschen Journalisten im türkischen Belek am gestrigen Donnerstag ist der türkische Minister auch auf die „eigentlich bereits vereinbarte“ Visa-Freiheit von Türken in die EU und den so genannten „Flüchtlings-Deal“ zwischen der Türkei und der EU eingegangen.
Die Türkei hatte sich 2016 verpflichtet, illegal über ihr Staatsgebiet in die EU eingereiste Geflüchtete zurückzunehmen. Çavuşoğlu: „Infolgedessen ist die Zahl der Grenzübertritte von 7000 am Tag auf ca. 50 zurückgegangen“. Im Gegenzug habe die EU den Türken unter anderem die lange gewünschte Visa-Freiheit vertraglich zugesagt. „Wir haben alle unsere Versprechen erfüllt, aber im Gegenzug nichts bekommen“, machte der türkische Außenminister deutlich.
Anders, als das zu früheren Zeiten der Fall war, verzichtete der türkische Politiker jedoch ausdrücklich darauf, den Fortbestand des Flüchtlings-Deals ultimativ mit der Lösung der Frage von der Visa-Freiheit zu verbinden. Allerdings, so Çavuşoğlu doch reichlich verärgert, seien „von zugesagten zugesagten und vereinbarten EU-Zahlungen für die Betreuung von Flüchtlingen in Höhe von über fünf Milliarden Euro bisher nur 900 Millionen tatsächlich geleistet“ worden.
„Der Rest liegt noch in Brüssel. Aber, fort baut das Geld keine Schulen für syrischen Kinder. Und wenn man diese syrische Jugend nicht ausbildet, zieht Europa bald eine verlorene Generation heran“, warnt der türkische Außenminister in Richtung der EU-Regierungen und -Politiker.
Allerdings machte Çavuşoğlu dahingehend auch Ausnahmen; für die deutsche Regierungschefin Angela Merkel beispielsweise. Çavuşoğlu wörtlich: „Madame Merkel muss ich meinen Respekt zollen. Sie hat diesen Prozess organisiert und bei deutschen Wahlen dafür bezahlt. Aber sie hat Wort gehalten. Ich respektiere Frau Merkel sehr“, fügte Çavuşoğlu hinzu. „In den vergangenen fünf, sechs Jahren ist sie die einzige echte Anführerin in Europa gewesen.“
Natürlich wurde auch der Fall des in der Türkei in Untersuchungshaft einsitzenden deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel im Pressegespräch erörtert. Çavuşoğlu dazu: „Immer wenn ich mich mit der deutschen Seite treffe, besprechen wir das“. Gleichzeitig kritisierte der Minister aber Yücels aktuellen Arbeitgeber, die deutsche Zeitung „Welt“: „Warum haben die Yücel zwei Jahre lang aus der Türkei berichten lassen, ohne ihn ordentlich der türkischen Regierung akkreditieren zu lassen? Das wäre doch wohl so üblich gewesen“, so Cavusoglu.
Insgesamt sei der „Fall Yücel“ etwas, „was unsere gemeinsamen Beziehungen vergiftet. Aber ich kann nicht in die Justiz eingreifen, nur um dieses Problem loszuwerden.“ Die türkische Regierung sei zwar bemüht, die Angelegenheit „zu beschleunigen“ aber diesbezüglich „muss die türkische Justiz entscheiden, nicht die türkische Politik“.
Dabei seien Türken und Deutsche „eigentlich natürliche Partner“, erklärte der Minister. „Über Jahrhunderte hat man immer auf derselben Seite gestanden und auch in der jüngeren Geschichte ist Deutschland „unser bester Alliierter, nicht nur in der Nato“.
Çavuşoğlu: „Daher bevorzugen wir auch bei der Lösung der aktuellen Probleme den Dialog. Wir geben unser bestes, um die Situation mit Deutschland zu bereinigen“.